Zehen

[1664] Zêhen, zusammen gezogen, zêhn, (mit dem tiefen e) eine Grundzahl, welche sich zwischen neun und eilf in der Mitte befindet, und jederzeit unverändert bleibt. Zehen Tage, vor zehn Wochen, zehn Häuser u.s.f. Selbst wenn es ohne Substantiv stehet, bleibt es am besten unverändert, obgleich einige andere Grundzahlen hier die Biegung verstatten. Einer von zehen, besser, als von zehnen. Das Geld dieser zehen, oder zehn, besser als dieser zehne. Ein Herr von zehen Sclaven, besser, als zehner Sclaven Herr. So auch in Zusammensetzungen, vierzehen, funfzehen, sechzehen u.s.f. zehen tausend.

[1664] Anm. Im Oberdeutschen von den frühesten Zeiten an, zehan, zin, cin, bey dem Ulphilas taihun, im Nieders. tain, im Lat. decem, im Griech. mit einer andern Ableitungssylbe, δεκάς, im Isländ. wieder mit einer andern, tiju, in andern Sprachen ohne Ableitungssylbe, wie im Wallis. deg, im Bretagnischen deo, im Irländ. deag. Die Sylbe en ist die Ableitungssylbe, entweder den Plural zu bezeichnen, oder, welches wahrscheinlicher ist, ein Umstandswort, dergleichen die Zahlwörter sind, anzudeuten, wie in sieben, unten, oben, außen. Es kommt hier also nur auf die Wurzelsylbe zeh, oder mit einem stärkern Hauptlaute, zech, tech u.s.f. an, welche sich aber nur muthmaßlich bestimmen läßt, weil die Nahmen aller Grundzahlen ein sehr hohes Alter haben, und die Grundzahlen selbst sehr abstracte Begriffe bezeichnen. Gemeiniglich leitet man es von dem vorigen Zehe ab, weil der Mensch an beyden Füßen zehen Zehen hat. Allein es ist wahrscheinlicher, daß die Wurzelsylbe zeh mit zig in zwanzig, dreyßig, vierzig u.s.f. eine und eben dieselbe ist, und daß beyde von ziehen, Nieders. teihen, tehen, herstammen, weil man bey der ältesten einfachsten Art zu zählen und zu rechnen, zehen Einheiten zusammen legte, und dann eine solche Sammlung zurück auf einen Haufen zog. S. auch -Zig. Übrigens läßt sich dieses Zahlwort, so wie alle Grundzahlen, mit vielen Adjectiven zusammen setzen, selbst mit solchen, welche außer der Zusammensetzung nicht als Adjective üblich sind, zehntägig, zehnjährig, zehnfüßig, zehnköpfig, zehnmahlig u.s.f.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1664-1665.
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