Carra

[237] Carra, ein berüchtigter ehemaliger Jacobiner, der während der Revolution von dem Ertrag seiner Feder lebte, und als Schriftsteller den Anhängern des Hofs aufs äußerste verhaßt war. Die Annales politiques, die er herausgab, gehörten zu den wüthendsten democratischen Blättern, worin der Hof unbarmherzig gegeißelt. wurde. Die Freunde des Königs, die den bedeutenden Einfluß derselben auf die öffentliche Meinung bemerkten, sollen den Versuch gemacht haben, ihren Verfasser durch Bestechungen zum Schweigen zu bringen; aber Carra war unerschütterlich, legte die erhaltenen Summen im Jacobinerclub zu patriotischen Zwecken nieder, und enthüllte ein angebliches künstliches Bestechungssystem, das der Hof bei vielen Mitgliedern der National-Versammlung befolgte. Die Jacobiner zweifelten nicht an der Wahrheit dieser Behauptung, weil Carra für einen echten Patrioten galt, der in der Folge für würdig gehalten wurde, eine Stelle unter den Gesetzgebern Frankreichs einzunehmen. Bei dem Streite der Girondisten und Maratisten wurde Carra den letztern doch verdächtig, ob er gleich zu den Männern gehörte, die an der Verschwörung gegen den Hof (den 10. Aug. 1792) den meisten Antheil hatten. Zwar erhielt er sich noch nach dem Sturze der Girondisten (d. 31. Mai 1793) im Convent, wurde aber dessen ungeachtet bald nachher verhaftet und mit ihnen (d. 31 Oct.) guillotinirt. Seine Aufführung vor der Revolution steht nicht im besten Andenken; und wenn auch manche ärgerliche Anekdote, mit der man sich trägt, nicht gegründet sein sollte, so dürfte doch wohl die Moralität seines Charakters mit Recht in Zweifel gezogen werden.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 237.
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