Christian Fürchtegott Gellert

[85] Christian Fürchtegott Gellert, geb. d. 4. Jul. 1715 zu Haynichen bei Freiberg, gest. zu Leipzig d. 13. Dec. 1769. Viele unserer Zeitgenossen erinnern sich noch mit dem Gefühle der innigsten Theilnahme an diesen edlen Mann, der so anspruchslos von allem Prunk einer großen und blendenden Gelehrsamkeit machen Leidenden tröstete, und durch seine allgemein faßlichen Schriften die Moral unter alle Stände verbreitete. Gellert, der sein ganzes Leben hindurch mit den Mühseligkeiten eines schwächlichen und siechen Körpers kämpfen mußte, hatte auf jede öffentliche Stelle Verzicht gethan, und sich außer der Theologie, welche ehemahls sein Hauptstudium gewesen war, vorzüglich mit Moralphilosophie und den schönen Wissenschaften beschäftigt. Die Stelle eines außerordentlichen Lehrers der Philosophie war das einzige, was er auf der Universität zu Leipzig 1751 annahm; und diesem Amte, bei welchem er in ungestörter Ruhe und Muße leben konnte, stand er bis an das Ende seines Lebens mit dem ausgezeichnetsten Erfolge vor. Sein Hörsaal war stets mit einer zahllosen Menge Zuhörer angefüllt, auf welche nicht nur die Worte sondern noch mehr das Beispiel des Lehrers mächtig wirkten. Sein Tod war daher mit Recht ein Gegenstand der allgemeinen Trauer, an welcher nicht nur ganz Deutschland sondern auch die Ausländer, [85] die Gellerts Schriften durch zahlreiche Uebersetzungen kennen gelernt hatten, den größten Antheil nahmen. Sollten auch einige seiner Werke durch die große Veränderung, welche die philosophischen und schönen Wissenschaften seitdem erlitten haben, nach und nach in Vergessenheit kommen: so werden doch gewiß seine Fabeln die Jugend zu jeder Zeit vergnügen; und der Unglückliche und Bekümmerte wird seine geistlichen Oden und Lieder nie aus der Hand legen, ohne ihrem edlen Verfasser eine stille Thräne der Dankbarkeit geweiht zu haben.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 85-86.
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