[395] Christian Felix Weisse (geb. 8. Febr. 1726 in Annaberg, gestorben als Kreis-Steuer-Einnehmer zu Leipzig, 16. Dec. 1804.); ein Name, den gewiß jeder, dem Deutsche Literatur noch etwas werth ist, mit Ehrfurcht nennt. Als Schriftsteller und als Mensch gehört er zu den würdigsten und wirksamsten, welche die Deutsche Cultur-Geschichte des 18ten Jahrhunderts aufzuweisen hat. – Als Hofmeister eines geistreichen Sächsischen Grafen übte er sich im Uebersetzen Engl. und Französ. Schriftsteller; und in seiner frühen Dichterbahn wußte er den Deutschen Parnaß mit den lieblichsten Liedern, und das Deutsche Theater mit interessanten Beiträgen zu bereichern. Für Leipzig, welches damahls eines der bedeutendsten Theater hatte, schrieb er Trauerspiele nach dem Englischen und Französischen gebildet, und in Vereinigung mit Hiller (m. s. dies. Art.) ward er der Schöpfer der Deutschen Operette. (s. auch dies. Art.) Seine Jagd, sein Erntekranz, seine Jubelhochzeit machten [395] damahls die schönste Unterhaltung der Theaterfreunde aus. Was ihm aber einen unverwelklichen Kranz gewunden hat, dieß sind seine allbekannten Jugendschriften. Das hohe Verdienst der Nützlichkeit giebt ihm den Vorzug vor so vielen an Gelehrsamkeit und Geist ihn bei weitem übertreffenden Schriftstellern. Was Weisse auf die Jugend gewirkt hat, bleibt gewiß in unvergeßlichem Andenken. Sein A. B. C. Buch – lange Zeit das zweckmäßigste – hauptsächlich aber sein Kinderfreund (in 38 Bänden), dann der Briefwechsel des Kinderfreundes sind gewiß die Zierde jeder guten Kinder-Bibliothek; und jeder Deutsche Erzieher wird, so lange Deutsche Cultur und Unschuld noch auf die Nachkommen übergehen, gewiß seinen Zöglingen tiefe Ehrfurcht für Weissens ehrwürdigen Namen einzuflößen suchen. Was er durch seine Schriften so vielen Tausenden war, das war er auch in seinem engern Zirkel – ein wahrer Kinderfreund; Liebe und Wohlwollen war schon in seinem ganzen Aeußern sichtbar: und er war, nebst so vielen andern Würdigen, ein halbes Jahrhundert hindurch die Zierde Leipzigs. Wie sehr dieses auch seine Verdienste zu schätzen wußte, das zeigte sich bei seinem Leichenbegängnisse, das gewiß eines der ansehnlichsten, aber auch eines der rührendsten war; es zeigte sich auch dann, als man in dem Theater daselbst nach weniger Zeit sein Andenken durch eine sehr zweckmäßige, höchst rührende Todtenfeier, von Mahlmann gedichtet, und von Bierey in Musik gesetzt, die unter dem außerordentlichsten Zudrang nicht oft genug wiederhohlt werden konnte, beging.