Weisse

[685] Weisse (Christian Felix), ein gefeierter Dichter seiner Zeit und als Jugendschriftsteller berühmt und verdient, geb. 8. Febr. 1726 zu Annaberg im sächs. Erzgebirge, wo sein Vater Rector an der Stadtschule war, aber als späterer Director des Gymnasiums zu Altenburg frühzeitig starb. An dieser Anstalt und auf der Universität Leipzig erhielt W. seine wissenschaftliche Bildung, studirte zwar zunächst Philologie, ward aber von der Liebe zur Dichtkunst und durch den vertrauten Umgang mit Lessing frühzeitig zu eignen, namentlich dramatischen Arbeiten veranlaßt, von denen noch während der Anwesenheit auf der Universität der erste Versuch: »Die Matrone zu Ephesus«, aufgeführt wurde. Nach Beendigung seiner Studien blieb er (seit 1750) als Hofmeister eines Grafen von Geyersberg in Leipzig, wo er mit Gellert und Rabener bekannt wurde, für das Theater fortarbeitete und mit Beifall aufgenommene kleine Gedichte herausgab. Nach der Rückkehr von einer mit seinem Zöglinge unternommenen Reise nach Frankreich beschäftigten ihn vornehmlich literarische Arbeiten, zu denen er auch reichliche Muße behielt, nachdem er 1762 die einträgliche Stelle als Kreissteuereinnehmer in Leipzig erhalten hatte. Neben dramatischen Sachen, zum Theil nach dem Französischen, zum Theil Originale, wie die Opern »Die Jagd,« »Der Erntekranz,« die Herausgabe der »Bibliothek der schönen Wissenschaften« und andere, fühlte er sich jetzt vorzüglich zur Abfassung von Schriften für die Jugend hingezogen. So erschienen 1766 seine »Lieder für Kinder,« ein ABC-Buch, endlich »Der Kinderfreund« (24 Bde., Lpz. 1776–82) und der »Briefwechsel der Familie des Kinderfreundes« (12 Bde., Lpz. 1783–97), welche in den weitesten Kreisen für die häusliche Erziehung unberechenbar vortheilhaft gewirkt haben und W einen großen und begründeten Ruf als Erziehungskundigen [685] einbrachten. Man wendete sich von nah und fern an ihn, um durch ihn empfohlene Lehrer zu erhalten, und W. kam dadurch in einen Briefwechsel, den nur eine so unermüdliche Feder, wie die seinige, bis zu seinem Tode (11. Dec. 1804) fortzuführen im Stande war. Im J. 1826 wurde W.'s Geburtstag in Annaberg und in Leipzig (wo sein Sohn Christian Ernst W., geb. 19. Oct. 1766, als verdienter Lehrer und Schriftsteller der Rechtswissenschaft, auch der Geschichte Sachsens, gest. 1832 in Leipzig als Professor des Criminalrechts und Domherr zu Merseburg, der Feier beiwohnte) festlich begangen, und aus veranstalteten Sammlungen in Annaberg eine Schule für arme Kinder als Weißensstiftung errichtet. W.'s Lustspiele sind (3 Bde., Lpz. 1783), wie seine »Komischen Opern« (3 Bde., Lpz. 1777) und »Lyrischen Gedichte« (3 Bde., Lpz. 1772) gesammelt, seine Selbstbiographie (Lpz. 1806) von seinem Sohne C. E. Weiße und S. G. Frisch herausgegeben worden. – Ein Enkel W.'s und Sohn des Criminalisten C. E. W., Christian Hermann W., geb. 1801, Dr. der Theologie und Philosophie, früher außerordentlicher Professor an der Universität Leipzig, hat sich als scharfsinniger Denker und geistvoller Schriftsteller auf philosophischem Gebiete ausgezeichnet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 685-686.
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