Cornelius Tacitus

[39] Cornelius Tacitus, ein Römischer Geschichtschreiber, der uns schon um deßwillen sehr schätzbar sein muß, weil er der älteste Schriftsteller ist, von welchem sich eine vollständige Abhandlung über Deutschland (de situ, moribus et populis Germaniae) erhalten hat. Er lebte im ersten Jahrh. nach Chr. Geb. und erlangte die höchsten Ehrenstellen in der Republik, so daß er auch unter Nero Consul ward. Er schrieb mehrere historische Werke über die Romische Geschichte seit der Veränderung der Republik in die Monarchie: seine Historie (historiarum libros), von denen wir nur noch 5 Bücher haben; seine Annales, die wir aber auch nicht ganz besitzen. Der sinkende Zustand des ehemahls so blühenden Reichs, die schrecklichen Regierungen eines Tibers, Neroʼs und Domitian, die er zu beschreiben hatte, erfüllten ihn mit Ernst und Unmuth. Er war ein Mann, des Zeitalters der Scipionen würdig, und sah sich doch gleichwohl in einem Jahrhunderte geboren, wo echte Römertugend [39] immer mehr und mehr erlosch, Boßheit und Sittenverderbniß mit unaufhaltbarer Schnelligkeit um sich griff, und Luxus und Schwelgerei alle Stände vergiftete. Man darf sich daher nicht wundern, wenn seine Schreibart oft dunkel ist, und manche Begebenheiten mehr angedeutet als ausführlich erzählt sind. Die Gemählde, die Tacitus von den alten Deutschen entwirft, sind stark und kräftig gezeichnet; und man kann nicht verkennen, daß er mit größerm Vergnügen bei den Schilderungen dieser Nation, als bei der Beschreibung seines verzärtelten Vaterlandes verweilte. – Die beste Ausgabe ist von Jacob Gronov (1672), und die beste neuere Uebersetzung die von D. Anton (2. Ausg.), Görlitz, 1799.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 39-40.
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