Der Seneschall

[226] Der Seneschall (Lat. Seneschallus) bedeutet theils einen Sent-Richter, Zent Amtmann, theils auch den Marschall eines Potentaten. Ueber den Ursprung dieser Benennung hat man sehr viele Meinungen, wovon die wahrscheinlichste diese ist, daß sie von Sone, Sente (eine Heerde Vieh) und Schalk (überhaupt ein Knecht) herkomme, mithin eigentlich einen Vieh-Aufseher bezeichne; da nun aber der, welcher die Tafel des Königs besorgte, auch das dazu benöthigte Vieh unter seiner Aufsicht hatte, so erhielt er jenen Namen. Ihm war die Besorgung des ganzen Hofstaats übertragen; in der Folge saß auch ein solcher, wenn der König Gericht hielt, selbst mit im Rath, unterschrieb auch zuweilen die königliche Urkunde, und hatte überhaupt vielerlei Aemter. In spätern Zeiten hießen die vornehmsten Richter oder Amtleute in den Provinzen auch Seneschalli, welche vom Könige dahin geschickt wurden, um in seinem Namen Recht und Gerechtigkeit auszuüben. – In Frankreich war denn auch in den ältern Zeiten der Seneschall ein Kronbeamter, welcher unter den Merovingern die Aufsicht über das königliche Haus und die Ausgaben hatte: in den neuern Zeiten hieß Seneschall die vornehmste Gerichtsperson, der Landvoigt oder der Präsident einer Landschaft, wo unter seinem Namen die Urtheile abgefaßt wurden; er berief auch bei eintretenden Fällen den Adel zusammen, und führte den Arriere-Bann des Adels in seiner Landschaft an.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 226.
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