[244] Der Truchses (Lat. Dapifer, Franz. Senechal) hieß im Mittelalter derjenige, welcher die Oberaufsicht über die Küche eines Regenten führte, und die Speisen auf dessen Tafel trug. Da diese Verrichtung für sehr ehrenvoll gehalten wurde, so erhielten dieselbe nur die vornehmsten Stände. Am Deutschen Kaiserhofe war zu diesem Behufe ein Erztruchses als eines der höchsten erblichen Aemter des Reichs eingeführt, welches bloß von Churfürsten verwaltet werden konnte. In den alten Zeiten hatte es der Churfürst von Bayern, seit der goldnen Bulle (s. dies. Art. Th. 1) aber Churfalz; da jedoch Pfalz zu Anfang des dreißigjährigen Krieges die Churwürde verlor, so kam das Erzamt 1623 an Bayern zuruck, wurde diesem Hause im Westphälischen Frieden bestätigt, und hat auch bis zur völligen Auflösung der Deutschen Reichsverfassung, auf dem Besitze dieses Churfürstenthums geruht. Bei der Kaiserkrönung mußte der Erztruchses den Reichsapfel vor dem Kaiser hertragen, und bei dem feierlichen Gastmahle, welches auf dieselbe folgte, vier silberne Schüsseln mit gebratenem Rindfleisch auf die Tafel setzen. Er hatte aber schon seit langen Zeiten einen erblichen Stellvertreter zu Ausübung dieser Aemter, nehmlich das Haus der Schwäbischen Grafen von Waldburg, welche daher Erbtruchsessen des heil. Röm. Reichs waren. So wie der Erztruchses die Aufsicht über die kaiserliche Küche führte, so hatte der König von Böhmen als Churfürst die Sorge für den Keller, und hieß daher Erzschenk. Diese Aemter sowohl, als alle andere Erzämter (d. h. oberste Hof- und Staatsämter) waren bloß mit dem Besitze von Churfürstenthümern verbunden.