Die Lotterie

[412] Die Lotterie. Dieses Glücksspiel – welches der Italiäner Laurentio Tonti zuerst i. J. 1657 zu Paris eingeführt, und das sich durch die 1699 errichtete erste Classenlotterie in Nürnberg immer mehr und mehr in Deutschland ausgebreitet hat, und später an einem ähnlichen, jedoch noch anziehendern, Lotto genannt (welches Genua zuerst benutzt haben soll, um sich aus seinen Schulden zu retten), einen neuen Zweig erhalten, denselben aber durch Aufhebungen großen[412] Theils wieder verloren hat – gehört unter diejenigen Finanz-Operationen der Fürsten und Städte, welchen man in einem philosophischen Jahrhundert billig entsagen sollte, indem sie den Bemühungen, die nützliche Betriebsamkeit im Staate zu befördern, geradezu entgegengesetzt ist. Die Nachtheile dieses Spiels, besonders für den gemeinen Mann, dessen Schwäche, lieber durch den kurzen Weg des Glücks als den langen der Arbeit zum Bessersein zu gelangen, hier benutzt wird, sind sowohl durch Gründe als durch Thatsachen so außer Zweifel gesetzt, daß man bei Beibehaltung desselben wenigstens mit der größten Sorgfalt die Theilnehmung des geringen Mannes dabei verhindern sollte. »In diesem – sagt Büsch vortrefflich – sollte man nie Wahrscheinlichkeit oder Lust erwecken, durchs Glück das Bessersein, oder ein größeres Bessersein, und dieses geschwinder zu erlangen, als er es durch Arbeit, und zwar durch anhaltende Arbeit, erlangen kann. Diese ist sein Loos; an diese muß er sich halten, um ein zu seiner Lage, Erziehung und Neigung passendes Glück des Lebens zu gewinnen. Der Mensch, dem der sechste oder vierte Theil eines Thalers wichtig genug bleiben soll, um einen ganzen Tag dafür zu arbeiten, muß auch nicht einmahl die Möglichkeit kennen, dieß Wenige anders als durch Arbeit zu gewinnen, wenn ihm die Arbeit nicht verleidet werden soll.«

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 412-413.
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