Die Nagelgeige

[208] Die Nagelgeige, (Violino di Ferro – auch die Russische Geige, vermuthlich, weil sie von hieraus zuerst bekannt wurde, genannt –) ist ein musikalisches Instrument, das aus einem halbrunden, in Gestalt eines Hufeisens ausgeschnittenen Brete, etwa 1½ Fuß lang und einen Fuß breit, besteht, auf welchem eine Anzahl eiserner Stifte (zwölf, achtzehn bis vier und zwanzig), bald länger bald kürzer, nach Verhältniß der Höhe oder Tiefe des Tons, den sie haben sollen, eingeschlagen sind, die mit einem Violinbogen bestrichen werden, und dadurch einen flageoletähnlichen Ton hervorbringen. Der Erfinder, Johann Wilde, Kammermusicus zu Petersburg (welcher in der Mitte dieses Jahrhunderts lebte und durch mehrere Erfindungen als geschickter Instrumentmacher bekannt ist), ließ sich mit vielem Beifall darauf hören. Dieß Instrument kann auf jeden Tisch aufgeschraubt werden; sein Klang ist sehr durchdringend, aber doch nicht unangenehm. – Neuerlich (1792) wurde von einem Künstler aus Bernburg, Träger, Zeichenmeister beim Schulinstitute zu Dessau, ein ähnliches Instrument, fast in der Form eines gewöhnlichen Claviers, mit ordentlicher Tastatur erfunden und Nagelclavier genennt. [208] Es hat selbiges fünf volle Octaven, jedoch geht die Stimmung durchgängig um eine Octave höher über unsre gewöhnliche hinaus. – In Ansehung des Tons hat es viel Aehnlichkeit mit der Harmonica.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 208-209.
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