[136] Die Schriftgießerei (Schriftgießerkunst) oder die Kunst, Buchdruckerlettern zu gießen, wurde von Peter Schoiffer, einem Geistlichen zu Gernsheim und Gehülfen von Johann Faust, gegen das Jahr 1452 zugleich mit der Buchdruckerkunst erfunden (s. auch den Art. Buchdruckerkunst). Das Verfahren bei der Schriftgießerei ist ungefähr folgendes: Der Buchstabe wird zuerst erhaben auf einen stählernen Stempel (poinçon) geschnitten, und dieser dann so gehärtet, daß man ihn in Kupfer einschlagen kann; dieser Abschlag oder diese Form wird die Matrice genannt, in welche die Buchstabeu hernach mittelst der Gießlade (moule) gegossen werden. Die gegossenen Buchstaben werden dann auf Sandstein abgeschliffen, auf den Winkelhaken zusammengesetzt und in dem Bestoßzeuge (coupoir) durch Abhobeln und Abschaben der Rauhheiten, unnöthigen Ecken und des Grades (rebord) fertig gemacht, im Schiff in Columnen aufgesetzt und aufgebunden. – Das Metall übrigens, aus welchem die Buchdruckerlettern gegossen werden, ist eine Zusammensetzung aus Blei und martialischem Spiesglaskönig, welcher dem Blei die nöthige Härte giebt.
Im Jahr 1467 brachten zu Rom zwei Deutsche, Arnold Pannarz und Conrad Schweinheim, zuerst die Antiqua zu Stande. Der Italiäner Aldus Manutius, welcher 1515 starb, hat die Cursiv-Schrift erfunden. Die rechten Schriftmaße der zierlichen Deutschen Schrift brachte Johann Neudorfer 1538 zu Nürnberg hervor. Der Schriftgießer Schwabach erfand die sogenannten Schwabacher [136] Schriften. In den ersten 200 Jahren der Buchdruckerkunst hatte Leipzig eigne Schriftschneider und eigentliche Schriftgießereien nicht; die erste, wovon man Nachricht hat, besaß der Buchdrucker Hahn im Jahre 1656, die er aber an den Buchdrucker Janson verkaufte. Aus dieser entstand in jenem Jahrhunderte noch die berühmte Ehrhardische; allein die Abschläge zu den Schriften ließ sowohl diese als die zugleich entstandene Porsdorfische Gießerei von Nürnberg kommen, wo es immer geschickte Schriftschneider gab. Der Buchdrucker, der sich in Leipzig zuerst aufs Stempelschneiden legte, war Müller; die bei seinem frühen Absterben hinterlassenen Stempel und der Anfang einer kleinen Gießerei kamen durch Heirath seiner Wittwe 1719 an den ältern (Bernhard Christoph) Breitkopf, dessen Sohn, Johann Gottlieb Immanuel Breitkopf, sich durch große Erweiterung und Verbesserung seiner Schriftgießerei (welche noch jetzt die vollständigste in Europa ist), durch Erfindung der musicalischen Typen, der Landkarten-Typen und der beweglichen Lettern zur Chinesischen Schrift, hauptsächlich aber als Historiograph seiner Kunst große Verdienste erworben hat.
Das größte Verdienst bei der Schriftgießerei besteht in der Kunst Stempel zu schneiden; und hierin haben sich früher Baskerville, unter den Deutschen Zink und Schmidt, neuerlich aber die Didote in Paris und Bodoni in Parma sehr ruhmvoll hervorgethan. Die vorzüglichsten Schriftgießereien in Deutschland sind, außer der schon erwähnten Breitkopfschen (jetzt Breitkopf-Härtelschen) in Leipzig, die Prillwitzsche in Jena, die Ungersche und Franksche in Berlin, die Mannsfeldsche in Wien etc.