Die Themse

[120] Die Themse (Thames, sprich Thems), der vornehmste Fluß in England, welcher aus dem Zusammentreffen der Tame, die in Buckingham, und Isis, die in Wiltshire entspringt, und welche beide bei Dorcester in Oxfordshire sich vereinigen, entsteht, fließt von Abend gegen Morgen, und fällt 60 Englische Meilen von London zwischen Kent und Esser in das Britannische Meer. Zwar an Länge des Laufs weder der Donau, noch dem Rhein zu vergleichen, übertrifft die Themse doch in Ansehung der Schätze und Reichthümer, welche auf ihr fast von allen Theilen der Welt hergegebracht werden, jene bei weitem. Ihr hat London seinen großen Flor und seinen Reichthum zu verdanken: der Themsenhandel beschäftigt auf 120,000 Personen jedes Alters; sein Betrag für die Staatscasse macht mehr als Ein Viertheil aller Einkünfte aus. Dieser so wichtige Handel war vor Anfange des 18ten Jahrh. noch nicht auf der jetzigen Höhe, obgleich schon in der Mitte des 16 Jahrh. beträchtliche Fortschritte gemacht wurden, da der vorherige Handel meistens in den Händen der Ausländer sich befand Im 17. Jahrhunderte eröffnete die Entdeckung Amerikaʼs demselben eine neue Quelle; und zu Ende des 18ten rechnete man auf 13–14000 Fahrzeuge, welche in diesem Handelshafen einliefen. Der Werth aller Handelsgüter, welche im Laufe Eines Jahres auf der Themse hin- und herschwimmen, wird auf 70 Millionen, und die Einkünfte an Hafenzöllen über 6 Millionen Pfund Sterling angegeben. Wegen der außerordentlichen Diebereien aller Art, die hier ausgeübt werden – Colquhoun, dem man bekanntlich das treffliche Werk über die Polizei von London zu verdanken hat, giebt die Anzahl der sämmtlichen hieher zu rechnenden Spitzbuben, worunter leider! selbst auch Steuermänner, Beamten und andre Veruntrauer mit begriffen sind, auf 10,850, wenigstens im J. 1798, an – wurde eine eigne Marine-Polizei für die Themse 1798 errichtet, die die trefflichsten und wohlthätigsten Folgen hatte. – Die Ansicht der Themse ist zugleich eine der schönsten und größten. Drei große prächtige Brücken, worunter die Westminster- und Blakfriars-Brücke ganz vorzüglich sind, führen in [120] London über diesen Fluß, auf welchem entlang die wichtigsten Gebäude (z. B. der Tower) und alle auf das Seewesen und auch auf den Handel sich beziehende Gegenstände sich dem Auge darstellen, z. B. die ungeheuern Gebäude für die großen Waren-Lager der Londner Kaufleute, der Ost- und Westindischen Compagnie etc. das große Londner Zollhaus, dann wieder die neuen Docken zur Aufnahme der Westindischen Schiffe etc.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 120-121.
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