Die Ukraine

[266] Die Ukraine – den Namen hat sie als ehemahlige Grenze von der Russischen ersten Benennung, Ukraiju, (Grenzort) erhalten – eine Provinz im südwestlichen Theile des Europäischen Rußlands, die auch den Namen Klein-Rußland – sie ist so groß, als das alte Rußland vor der Besitznahme von Sibirien, Astrakan und den Asiatischen Besitzungen – führt. Sie gehörte ehedem zu Pohlen; allein bei der ersten Theilung dieses Königreichs (1772) wurde sie an Rußland abgetreten. Die Fruchtbarkeit dieses Landes ist so groß, daß der Boden, ohne gedüngt zu werden, alle Arten von Feld- und Gartenfruchten – worunter besonders die Arbuchen und Melonen gehören – in großem Ueberfluß hervorbringt. Auch die Viehzucht ist in vortrefflichem Stande; und besonders giebt es hier eine schöne Race von Pferden, die einen beträchtlichen Verkehr mit dem Auslande veranlassen. Eben so bekannt sind auch die Ukrainischen schwarzen Schaffelle (gewöhnlich Ukrainer genannt), welche kleine grause und glänzende Locken haben; besonders auch die ganz kleinlockigen und feinern, Baranchen genannt, welche, wie man vorgiebt, von noch ungebornen und aus Mutterleibe geschnittenen Lämmern herrühren. Die Flüsse sind sehr fischreich (ein diesem Lande eigenthümlicher Fisch, Wyresub, in dessen Kopfe eine knorpliche Materie in der Figur eines Pflaumensteins gefunden wird, welche, wenn man sie in Oehl legt, bernsteinartig und durchsichtig wird, stirbt sogleich, wenn man ihn in einen Teich setzt); von Lerchen, Wachteln, Feldhühnern etc. wimmeln die Felder. – Die Einwohner dieser Provinz, größten Theils Kosaken (s. d. Art.) und von schönem Körperbau, genießen noch, zu Folge ihrer vormahligen Verfassung, große Freiheiten und Privilegien: sie lieben den Trunk, doch nicht in dem Grade, wie der Russe; auch haben sie berühmte Frucht-Liqueurs (Naliski). – Tanz und Gesang ist ihre Hauptleidenschaft.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 266.
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