Die Violine

[331] Die Violine – Ital. Violino – Franz. Violon. – Dieß allgemein bekannte und unstreitig eines der bedeutendsten und wichtigsten Bogen-Instrumente hat bekanntlich vier Darmsaiten von verschiedener Stärke, deren Stimmung von unten herauf g, d, a, e ist (die letzte wird gewöhnlich die Quinte genannt). Ueber das Alter und den Erfinder dieses Instruments hat man viel, wiewohl ungewisse, Vermuthungen. Einige wollen ihren Ursprung in der [331] Lyra suchen; andere schreiben die Erfindung einem Indianischen Volke zu, von welchem es durch die Kreuzfahrer nach Europa gebracht worden wäre. Wahrscheinlich fällt auch die Erfindung erst in die Zeiten der Kreuzzüge, oder ins 12. Jahrhundert, wo von der Veddel (Fidel, Viole etc.) in Deutschland öfters gesprochen wird. Jene Spielleute, welche unter dem Namen varende Lüde, varende Manne in Deutschland Bandenweise umher zogen, hatten eine Menge Instrumente, und darunter denn auch die Gigue, Giga, (woraus vermuthlich Geige entstanden ist) und Viola, wovon nachher unstreitig das Diminutiv Violino gemacht worden, wie denn auch Bau und Gestalt, nur in verkleinertem Maßstab, jener ganz gleich kommen Indessen ist so viel gewiß, daß nachher die Violinen, besonders in Italien, allgemein beliebt waren, und allgemein zur Begleitung des Gesanges genommen wurden1. Ohne hier eine Geschichte dieses Instruments, oder die wegen Verbesserung der Form desselben gemachten Vorschläge weitläufiger aufzuführen – Liebhaber finden darüber eine interessante und scharfsinnige Abhandlung in der beliebten Leipz. allgem. musikal. Zeitung, Jahrg. X. S. 785 fg. 817 fgg. – erwähnen wir nur noch der Vorzuge dieses Instruments, welche es, wenn auch nicht an Vollstimmigkeit, wie bei den Clavierinstrumenten, doch in Rücksicht der Abwechselung und Mannigfaltigkeit des Tons und Accents, in Rücksicht der Geschmeidigkeit und Biegsamkeit (wodurch man auch selbst die Töne anderer Instrumente, der Flöte, des Flageolets etc. nachmachen kann), und in so vieler andrer Hinsicht hat; erwähnen nur noch der vorzüglichsten Länder: Italiens (daher die Cremoneser) und des angrenzenden Tyrols, wo die besten Meister, dort ein Amati, Guarueri, Stradivari, hier ein Jakob Stainer, Klotz u. m. die trefflichsten Instrumente geliefert haben: und führen zum Schluß noch das in Paris, von den drei ersten Lehrern des Violinspiels am Conservatorium, auf Befehl der Regierung[332] ausgearbeitete, und 1803 herausgegebene Lehrbuch unter dem Titel: Méthode de Violou par les citoy. Baillot, Rode et Kreutzer etc. als das brauchbarste und beste in dieser Art an.


Fußnoten

1 So gab z. B. der berühmte Raphael seinem Apollo (unter den Musen) eine Violine statt der Lyra in die Hand.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 331-333.
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