[452] Eduard Young (sprich Yong), einer der kühnsten und erhabensten Englischen Dichter, den seine Nachtgedanken unsterblich gemacht haben, war 1681 zu Upham in Hampshire geboren, und der Sohn eines Geistlichen. Er studirte zu Oxford die Rechte, ward Doctor derselben: allein sein Enthusiasmus für die christliche Religion bewog ihn, das theologische Studium zu betreiben; er trat daher in den geistlichen Stand, ward 1728 Kapellan König Georgs II. und erhielt eine beträchtliche Pfarrstelle zu Welwyn in Herfordshire, wo er sich mit einem Frauenzimmer von dem edelsten Charakter, der Witwe des Obersten Lee, verheirathete. Allein, nur kurze Zeit dauerte dieser Ehestand, der die glücklichste Epoche seines Lebens ausmachte: denn im Jahre 1741 starb seine überaus geliebte Gattin nebst dem Sohne und der Tochter, die sie ihm aus der ersten Ehe zugebracht hatte; er beklagte diesen Verlust in seinen Nachtgedanken (zu deren Verfertigung er dadurch veranlaßt worden war) sehr lebhaft, und wurde noch mehr als vorher zur melancholischen Poesie hingerissen, in der er auch bis an seinen Todt, der 1765 zu Welwyn erfolgte, wahre Meisterwerke lieferte. Er war ein Mann von unerschütterlicher Rechtschaffenheit und aufrichtiger Religiosität, und liebte vorzüglich die Einsamkeit, welches eine Wirkung seines, zu tiefsinnigen und traurigen Phantasien gestimmten, Geistes war. Er schrieb sehr viel, und lieferte schon in seinen frühern Jahren einige allgemein beliebte Trauerspiele (die jedoch viele Mängel haben): die Rache, Busiris und die Brüder, verfertigte dann einige Gedichte, die wegen ihrer Schönheit und Erhabenheit mit allgemeinem Beifall gekrönt wurden, z. B. drei Gesänge auf den letzten Tag, die Macht der Religion, die Ergebung, (sein letztes im Greisenalter geschriebenes Gedicht) und sieben Satyren, die er unter dem Titel: die Ruhmbegierde, in ein Ganzes verband, und in denen er den Ehrgeitz als die Quelle aller Thorheiten und Laster in einer beißenden, natürlichen und ungezwungenen Schreibart schilderte. Allein, sein vortrefflichstes Werk sind unstreitig die oben erwähnten Nachtgedanken [452] oder die Klage, in neun Gesängen; ein Gedicht voll von Originalität und Feuer, wo er in dem höchsten poetischen Flug das Leben, den Tod, die Unsterblichkeit, die Würde der christlichen Religion und der Tugend, und die Wichtigkeit alles Irdischen mit unnachahmlicher Erhabenheit und Größe der Gedanken besingt. Nie hat vor ihm ein Dichter so viel Stärke und wilden Schwung in der melancholischen Poesie erreicht, als er, und schwerlich wird ihn einer ganz übertreffen, wenn auch schon einige Fehler und matte oder schwülstige Stellen eine kleine Schattenseite auf dieses Meisterstück werfen. Wir haben von mehrern Gedichten desselben, besonders aber von den Nachtgedanken und den Satyren, eine unschätzbare Uebersetzung des Herrn Ebert, die zwar in Prosa, aber ganz im Geiste des Originals und in der schönsten Sprache abgefaßt ist.