Hans Joachim von Zieten

[473] Hans Joachim von Zieten, königl. Preuß. General von der Cavallerie, Chef eines Husarenregiments und Ritter des schwarzen Adlerordens, wurde den 18. Mai 1699 zu Wustrau im Ruppinischen geboren, trat im funfzehnten Jahre als Freikorporal bei einem Infanterie-Regimente in Preußische Dienste, verließ sie aber wieder, weil er beim Avancement übergangen wurde. Im Jahr 1726 wurde er bei einem Dragoner-Regimente angestellt, wo ihn eine Herausforderung des Commandanten seiner Schwadron ein halbes Jahr auf die Festung brachte. Als er zurückgekehrt war, wollten die Officiere nicht mehr mit seinem Gegner dienen; Zieten vermied zwar das Duell, wurde aber überfallen, und dazu gezwungen. Sein Gegner kam auf die Festung, Zieten wurde cassirt. Indessen gab ihm der König, sein personliches Verdienst anerkennend, 1733 eine Schwadron bei dem damahligen Benkendorfischen, nachher Zietenschen Husarenregimente. Von dem Zuge gegen die Franzosen, wo er 1735 als Volontair mit 100 Pferden zur Reichsarmee abgegangen war, kam er 1736 als Major zurück. In der Pause, die jetzt in seiner kriegerischen Laufbahn eintrat, beglückte ihn die Liebe einer schönen tugendhaften Gemahlin, einer Fräulein von Jurgas; und der Todt seines königlichen Beschutzers (1740), so sehr er ihn anfangs betrubte, führte ihn bald auf die Bahn des Ruhms. Seinem neuen Gebieter, Friedrich II. diente er in den drei Schlesischen Kriegen, nahm an allen Operationen Antheil, wurde 1741 vom Könige zum Obristlieutenant ernannt, und zur Danksagung nahm er dafür am folgenden Tage sogleich ein ganzes feindliches Cavallerie-Regiment gefangen, wofür er noch an demselben Tage Obrist ward. Einige Tage darauf machte er einen Fehler seines Regiments-Chefs durch seine Bravour wieder gut; dieser ward dafür bei einem Garnison-Regimente angestellt, und Zieten erhielt das Husaren-Regiment. Im zweiten Schlesischen Kriege, wo er auch zum ersten Mahle verwundet wurde, zum General-Major erhoben, blieb [473] er nach dem zu Dresden abgeschlossenen Frieden (1745) zwar abwechselnd auf seinem Gute, Wustrau, und in Berlin; allein seine Ruhe wurde vielfach gestört. Der Neid und die Mißgunst seiner Feinde wußte ihn bald beim Könige zu verkleinern, und ihm des Letztern Gnade zu entziehen. Zieten trug und duldete lange, bis er endlich gegen Friedrich erkaltete, und sogar ein stolzes und unbiegsames Betragen annahm. Doch auch sein häußliches Glück wurde untergraben: er verlor seinen einzigen Sohn (1751), und nach einigen Jahren (1756) auch sogar seine vortreffliche Gattin, mit der er 19 Jahre lang glücklich gelebt hatte. Vor Ausbruch des siebenjährigen Kriegs endlich äußerte er den Wunsch nach seinem Abschiede. Dieß wirkte plötzlich auf den König, der nunmehr selbst Zieten angehen ließ, ja sogar, bei der Hartnäckigkeit des tief gekränkten Helden, endlich persönlich sich zu ihm begab, um ihm zuerst die Hand zur Aussöhnung zu bieten. Zwar blieben noch die Vorstellungen des Königs fruchtlos; doch zuletzt sank Zieten zu den Füßen seines Königs, schwur ihm ewige Treue, und der Held errang sich nun mit seinem Könige in dem siebenjährigen Kriege unsterblichen Ruhm. Als Generallieutenant zog er 1756 ins Feld, erhielt nach der Affaire von Reichenberg wegen seiner ausgezeichneten Bravour den schwarzen Adlerorden; schlug in der Schlacht bei Prag mit dem zweiten Treffen die Oestreichische Cavallerie; unmittelbar darauf den General Nadasty, dann bei Collin u. s. f. In der Schlacht bei Leuthen trug er zum vollständigen Siege das meiste bei, verfolgte den fliehenden Feind, nahm ihm mehr als 3000 Wagen und 9000 Gefangene ab; deckte im folgenden Winter mit einem eignen Corps Landshut und Braunau, im Sommer 1758 den Transport von 3000 Wagen von Troppau nach Ollmütz so gut, daß er, obgleich täglich vom Feinde angefallen, doch seine ungeheure Wagenlinie vertheidigte, bis ihn Landon mit 2500 Mann angriff. Er hatte nur 5000 Mann bei sich, und rettete dennoch durch seine herrlichen Dispositionen und ausgezeichnete Bravour 300 Proviant- und die ganzen Geldwagen. Bei Liegnitz hielt er mit einem kleinen Corps, während Laudon vom Könige geschlagen wurde, das ganze Daunsche Heer im Respect, [474] wofür er zum General der Cavallerie ernannt wurde. Bei Torgau erfocht Zieten den Sieg, der schon in Dauns Händen war. Zu Ende des Kriegs observirte er mit einem eignen Corps erst die Russen, dann die Oestreicher, ohne sich in Gefechte einlassen zu dürfen, und unterstützte so immerfort die Pläne seines Königs, Friedrichs des Einzigen, mit Tapferkeit und Klugheit, bis endlich der Hubertsburger Friede 1763 dem Blutvergießen ein Ende machte. Allgemeine Verehrung und Bewunderung des In- und Auslandes lohnten Zieten auf die ausgezeichnetste Weise; und selten verdiente sie ein Held, so wie er. Zieten war ein Mann von Altdeutschen Sitten, rechtschaffen, gottesfürchtig. Durch Gegenwart des Geistes, Schnelle im Entschluß, persönliche Bravour ersetzte er den Mangel theoretischer Kenntniß der Kriegskunst. Auch der König ehrte sein Alter auf das ausgezeichnetste: bei seinem – aus der 2ten mit Fräulein v. Platen geschlossenen Ehe – 1765 gebornen Sohne übernahm der König selbst die Pathenstelle; ja er mußte ihn – einen Greis von 80 Jahren – fast durch einigen Zwang von der Campagne des Bayerschen Erbfolge-Krieges abhalten; hieß ihn, als er einst aufs Schloß kam, die Parole abzuhohlen, vor allen Prinzen und Officiren der Garnison, auf den Lehnstuhl sich setzen (welche Scene Chodowiecky bekanntlich in einem meisterhaften Kupferstich verewigt hat; und als er einst an der Tafel des Königs eingeschlafen war, winkte der König den übrigen Gästen, zu schweigen, um den, der in seinem Leben genung gewacht, nicht im Schlaf zu stören. Zieten entschlief in seinem 87sten Jahre am 27sten Jan. 1786 zu Berlin. Seine Bildsäule, von Schado verfertigt, wurde aufm Wilhelmsplatze zu Berlin 1794 aufgestellt, und sein Leben von seiner Nichte, der würdigen Frau von Blumenthal, in einer trefflichen Biographie verewigt.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 473-475.
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