Johann Joseph Gaßner

[83] Johann Joseph Gaßner, gehört zu den berühmtesten Teufelsbannern der neuern Zeit. Er war 1727 geboren, und war katholischer Pfarrer zu Klösterle in dem Bisthum Chur in Schwaben. Die Erzählungen von den Besessenen in der Bibel und sein ununterbrochenes Forschen in den geheimnißvollen Schriften der berühmtesten Magiker hatten ihm den Glauben in den Kopf gesetzt, daß die meisten Krankheiten von bösen Geistern herrühren, deren Macht bloß durch Segenssprechungen und Gebete vertilgt werden könne. Er fing daher an, einige seiner Pfarrkinder zu curiren, und erreichte damit [83] wenigstens so viel, daß er Aufsehen machte. Der Bischof von Constanz berufte ihn in seine Residenz, wurde aber sehr bald von der Charlatanerie des Wunderthäters überzeugt, und gab ihm den klugen Rath, zu der geistlichen Seelensorge seiner Pfarrkinder zurück zu kehren. Allein Gaßner begab sich zu einigen andern Reichsprälaten von stärkerm Glauben, und exorcisirte in ihrem Gebiete. Im Jahre 1774 erhielt er einen Ruf von dem Erzbischof zu Regensburg nach Ellwangen, wo eine zahllose Menge Hülfsbedürftiger und Neugieriger seiner warteten. Der heilige Mann fand diesen großen Wirkungskreis ganz seinen Kräften angemessen, und heilte Lahme und Blinde, vorzüglich aber mit Krämpfen und Epilepsie behaftete Personen. Wenn er seinen allgewaltigen Machtspruch, cesset, (fahr aus) aussprach, so waren die Teufel gehorsam genug, den Kranken augenblicklich zu verlassen. Man hat aber alle Ursache zu glauben, daß er gesunde Personen sehr oft die Rolle von Kranken spielen ließ, und daß seine Cur bei wirklich Leidenden nur so lange anschlug, als ihre Einbildungskraft von den Ueberredungen des Beschwörers erhitzt blieb. Aufgeklärte Männer erhoben ihre Stimme gegen ihn, und sein Ansehen fiel nach einiger Zeit um ein merkliches. Er starb 1779, nachdem ihn der Bischof zu Regensburg, sein beständiger Gönner, in den Besitz einer einträglichen Pfarre gesetzt hatte.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 83-84.
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