[302] Kehl, eine ehemahlige Reichsfestung, eine gute halbe Stunde von Strasburg, welcher Stadt es gegenüber liegt, diesseits des Rheins. Zu Folge des Ryswicker Friedens wurde sie dem Markgrafen von Baden-Baden zu Theil, doch behielten sich Kaiser und Reich das Besatzungsrecht vor. In der Mitte dieses Jahrhunderts wurden jedoch die Wälle abgetragen; und vor dem Kriege mit den Franken wurde Kehl vorzüglich dadurch berühmt, daß die prächtige Ausgabe von Voltaireʼs Werken auf Beaumarchais Veranlassung daselbst gedruckt wurde. Ueberhaupt war Kehl ein guter Fabrik- und Handelsort. In dem gegenwärtigen Kriege wurde Kehl als ein wichtiger Punkt für einen Uebergang über den Rhein merkwürdig. Im September 1793 wurde Kehl durch ein Bombardement vom jenseitigen Ufer herüber in Asche gelegt; dennoch wurden auf den Trümmern der ehemahligen Festungswerke neue Verschanzungen aufgeworfen, welche die Schwäbischen Kreistruppen unter dem Feldzeugmeister von Stein vertheidigten. Allein im Sommer 1796 erstürmten [302] die Franken unter Moreau plötzlich die Schanzen von Kehl, und warfen nach einem sechsstündigen Gefecht die Kreistruppen zurück. Moreau setzte nach einem fein maskirten Plane, während Jourdan die Hauptstärke der Oestreicher an den Niederrhein hinabzog, unvermerkt bei Kehl über den Rhein, und drang darauf am Neckar hin ins innere Schwaben vor. Es ist bekannt, daß Moreau sich noch dasselbe Jahr zurückziehen mußte, und daß er dieses meisterhaft that. Unterdessen hatten die Oestreicher die ernsthaftesten Anstalten zur Belagerung von Kehl gemacht: und es war vergebens, daß Moreau diesen Ort auf seinem Ruckzuge zu befreien dachte; er wurde vielmehr am Ende des Jahres zum gänzlichen Uebergang über den Rhein genöthigt; die Belagerung von Kehl wurde mit dem größten Eifer betrieben; und am 9. Jan. 1797 setzte der Gen. Feld Z. M. Latour mit dem Französischen Gen. Desaix die Bedingungen der Uebergabe von Kehl fest, vermöge deren die Oestreichische Mannschaft am folgenden Tage Nachmittags in die Festung einziehen und dieselbe nebst Allem, was die Franzosen darin zurück gelassen haben würden, in Besitz nehmen sollte. – Einige Wochen darauf (den 5. Febr.) übergaben die Franzosen auch die Brückenschanze von Hüningen (Hüningen ist ein befestigter Ort im Departement Oberrhein, nach der neuen Französischen Geographie), den zweiten von den Franzosen am rechten Rheinufer besetzten Punkt, welcher mit Kehl zugleich belagert wurde.