[88] Masaniello, eigentlich Tomaso Aniello, war ein junger Fischer und Fischhändler zu Neapel, und lebte in der drückendsten Armuth, hatte aber einen hohen, stolzen und sehr unternehmenden Geist. Liebe zur Freiheit und öftere lebhafte Aeußerungen über den gränzenlosen Druck, den das Königreich Neapel seit langer Zeit von Spanien erlitt, hatten ihm schon längst einen großen Anhang unter dem Volke verschafft; und bald bot sich ihm eine Gelegenheit dar, sich um dasselbe verdient zu machen (1647). Der despotische und habsüchtige Vicekönig der Spanier zu Neapel, Herzog von Arcos, entriß dem Volke nach und nach die meisten Vorrechte, die es von Carl V. erhalten hatte, legte demselben die schwersten Abgaben auf, und belastete besonders das Obst und Getreide mit einem ungeheuern Zolle. Das gemeine Volk gerieth darüber in heftige Bewegung, flehte vergebens, und stürmte und verbrannte endlich die Häuser der Zollpachter. Es wählte Masaniello zum Anführer, der bald mehr denn 100,000 Mann unter seinen Fahnen führte. Er hatte noch nie Kriegsdienste gethan, commandirte aber mit ausnehmender Entschlossenheit, und brachte nach einigen blutigen Actionen mit dem überwundenen Vicekönig eine Capitulation [88] zu Stande, vermöge welcher Masaniello die Waffen niederlegen, aber auch die Fruchtzölle ganz abgeschafft und die alten Freiheiten wieder hergestellt werden sollten. Er begab sich, ohne irgend etwas fur die Befreiung seines Vaterlandes zu fordern, wieder in den Fischerstand zurück, hatte aber immer viel Ansehn, und zeigte seine Herrschsucht und seinen Stolz bei manchen Gelegenheiten. Der Vicekönig, der sein Versprechen bei der ersten Gelegenheit zu brechen suchte, faßte den Entschluß, Masaniello aus dem Wege zu räumen. Er lud ihn zu sich, und mischte ihm wahrscheinlich Gift unter das Getränk, welches jedoch nicht tödtlich war, nach welchem er aber rasend ward, wozu indeß auch seine Anstrengungen und seine Leidenschaft für hitzige Getränke beigetragen haben können. Der Unglückliche rannte durch die Straßen von Neapel, erschoß seine besten Freunde, und wollte sich zum Herrn emporschwingen. Das Volk, das in seinem Retter einen neuen Unterdrucker zu sehen glaubte, und durch seine Gegner wider ihn aufgebracht wurde, strömte haufenweise gegen ihn, jauchzte dem Vicekönig Beifall zu und verlangte Masanielloʼs Tod. Er floh in ein Carmeliterkloster; aber vier Verschworne, ehemahlige Freunde von ihm, stürzten auf ihn zu und streckten ihn mit vier Kugeln zur Erde (1647). Seine Leiche wurde vom empörten Pöbel aufs entsetzlichste gemißhandelt. Allein sehr bald merkte man die wahren Gesinnungen des Vicekönigs; und als eines Tages die Brote ungewöhnlich klein waren, fürchtete das Volk die Erneuerung der vorigen Bedrückungen, fing den Aufruhr wieder an, und erinnerte sich zu spät des Märtirers der Freiheit, den es selbst aufgeofert hatte. Die Mörder Masanielloʼs wurden ein Opfer der Volkswuth; sein Körper wurde unter den größten Ehrenbezeugungen, zugleich aber unter dem schrecklichsten Tumult, prächtig begraben und einige Zeit für heilig gehalten. Noch lange war Neapel ein Schauplatz bürgerlicher Unruhen. Die vortreffliche Bearbeitung der Geschichte des Masaniello von Herrn Meißner, 1784, ist bekannt.