Miguel de Cervantes Saavedra

[251] Miguel de Cervantes Saavedra, Verfasser des Don Quixotte de la Mancha, den wahrscheinlichsten Nachrichten zu Folge zu Alcala de Henares 1547 geboren, zeigte sehr früh viel Dichtertalent, ging als Jüngling nach Rom und wurde hier aus Armuth Kammerdiener bei dem Cardinal Aquaviva, den er aber bald verließ, und sich unter die Truppen des großen päpstlichen Generals Mare Antonio Colonna anwerben ließ; hier verlor er im Treffen bei Lepanto 1571 die linke Hand, wurde, als er in sein Vaterland zurückkehren wollte, von den Algierer Seeräubern ergriffen, und mußte über fünf Jahre bei ihnen in Sclaverei schmachten. Nach seiner Befreiung schrieb er in Spanien den Don Quixote, in der Absicht, nicht nur die Ritterschaft seines Vaterlands und ihre Abenteuer dem öffentlichen Gelächter auszusetzen, sondern auch der Leetüre der wunderbaren Ritterromane und fabelhaften Mährchen, die unter seiner Nation sehr üblich war, ein Ende zu machen. Auch eine Privat-Absicht trieb ihn zu Verfertigung dieses Werkes an: er wollte sich nemlich an dem Premierminister Philipps III. dem Herzog von Lerma, der ihm einst mit Verachtung begegnet hatte, und an [251] mehrern Großen rächen. Der Roman fand wegen seiner Wahrheiten so wohl, als wegen der unerschöpflichen komischen und satirischen Laune des Verfassers, außerordentlichen Beifall: von der ersten Auflage wurden über 12000 Exemplare verkauft, und Don Quixote wurde die Lieblingslectüre aller Stände. Nichts war aber natürlicher, als daß sich der Verfasser durch ein Werk dieser Art außerordentlich viel Feinde zuziehen mußte. Er durfte es sogar, nachdem zwei Theile herausgekommen waren, eine Zeit lang nicht weiter schreiben, unternahm aber doch 1616 die Vollendung desselben, als ein Schriftsteller, der ihm ganz ungleich war und ihn persönlich angriff, unter dem angenommenen Namen Avellaneda es zu ergänzen gewagt hatte. Kurz darauf starb er aber im äußersten Elend vor Hunger, 1616 den 23. April.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 251-252.
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