Philipp II

[416] Philipp II. König von Spanien, ein Sohn Carls V. war geb. 1527 und starb 1598. Dieser Monarch gehört zu den grausamsten Tyrannen der neuern Zeit. Schon aus seinem Aeußern, das finster und zurückscheuchend war, blickte der Menschenfeind [416] hervor. In ein steifes Ceremoniell gehüllt, suchte er Tugenden zu heucheln, die er nicht besaß. Stolz, Rachsucht und eine Religionswuth, die nichts geringers als die gänzliche Vernichtung der Protestanten beabsichtigte, waren die herrschenden Neigungen seines feindseligen Gemüths. Das höchste Ziel, welches er sein ganzes unruhiges Leben hindurch mit unermüdetem Eifer verfolgte, war die Vergrößerung seiner Macht, und der eitle Ruhm, das Oberhaupt der Katholischen zu heißen. Tausende von seinen Unterthanen wurden das Opfer seiner Unmenschlichkeit, welcher selbst seine eigne Familie (s. Don Carlos) nicht entgehen konnte, und die er immer mit heuchlerischer Verstellung unter dem Deckmantel eines gerechten Religionseifers zu beschönigen suchte. Er trat noch bei Lebzeiten feines Vaters, der sich nach so vielen fehlgeschlagenen Entwürfen in die Einsamkeit zurückgezogen hatte, im J. 1556 die Regierung der Spanischen Monarchie an, zu welcher damahls noch die Niederlande, das Königreich beider Sicilien, Mailand u. s. w. gehörten. Im Besitz der tapfersten Truppen, der auserlesensten Seemacht und der ungeheuern Schätze des vor kurzen eroberten Amerikaʼs, war Philipp unstreitig der mächtigste Fürst in Europa. Gleich nach dem Antritt seiner Regierung wurde er durch den von Frankreich gebrochenen Waffenstillstand mit diesem Reiche in einen Krieg verwickelt, der sich jedoch schon 1559 in dem für Spanien vortheilhaften Frieden zu Chateau-Cambresis endigte. Noch während dieses Krieges verließ Philipp die Niederlande, wo er sich durch sein stolzes und unduldsames Betragen und durch die Verletzung der Landesprivilegien gänzlich verhaßt gemacht hatte. Als er daher nach seiner Entfernung durch die eigenmächtige Errichtung 14 neuer Bisthümer und durch schärfere Gesetze gegen die Ketzer die in den Niederlanden verbreitete protestantische Lehre auszurotten suchte, so entstand ein allgemeines Mißvergnügen; aber an Statt durch gelindere Maßregeln die Herzen der Niederländer zu gewinnen, schickte er 1568 den Herzog von Alba, jenen berüchtigten Ketzerfeind, mit 10,000 Spaniern als Statthalter dahin. Dieser Wüthrich mordete in einer Zeit von 5 Jahren [417] mehr als 18,000 Niederländer, die, gereitzt durch diese Grausamkeit, die Waffen ergriffen. An ihrer Spitze stand der tapfere Prinz Wilhelm von Nassau. Der Krieg wurde anfangs mit abwechselndem Glück geführt; und noch würde Philipp die Niederländer beruhigt haben, wenn er ihre gerechten Forderungen bewilligt hätte: allein sein unbiegsamer Sinn erlaubte ihm nicht, ketzerischen Unterthanen, die einmahl die Waffen gegen ihn ergriffen hatten, nachzugeben; und so verlor er die Niederlande, die sich 1581 für unabhängige Staaten erklärten. Eben so grausam verfuhr er in Spanien gegen die Moriskoʼs, jene Nachkömmlinge der Mauren, die sich zwar äußerlich zum Christenthum bekannten, aber im Herzen immer noch Muhamedaner waren. Durch seine Gewaltthätigkeiten trieb er sie 1568 zur Empörung, welche indeß bald unterdrückt und durch die Vertreibung bestraft wurde. Einigen Ersatz für den Verlust der industriereichen Niederlande verschaffte er der Spanischen Monarchie durch das Königreich Portugal mit seinen wichtigen Nebenländern, welches er 1580 nach Erlöschung des Burgundischen Mannsstammes mit leichter Mühe eroberte, indem er, was seinen Ansprüchen an Rechtmäßigkeit abging, durch seine Macht zu ersetzen wußte. Da Philipp jetzt keine Hoffnung mehr hatte, die Niederländer zu unterjochen, wenn er nicht England, welches dieselben auf das thätigste unterstützte, demüthigte, so beschloß er, dieses Reich mit seiner ganzen Macht anzugreifen. Hierzu kam noch, daß er es der Elisabeth nicht vergeben konnte, daß sie einst seine Hand ausgeschlagen hatte, und für das Oberhaupt der Protestanten gehalten wurde. Mit einem unermeßlichen Kostenaufwande ließ er daher 3 Jahr lang fast in allen Häfen seines weitläuftigen Reichs eine Ausrüstung betreiben, die ganz Europa mit banger Erwartung erfüllte. Endlich erschien im Jahr 1588 eine Flotte, die aus mehr als 130 Kriegsschiffen bestand, und unter dem Namen der unüberwindlichen bekannt ist. Sein zum Untergang Englands entworfener Plan ging dahin, daß diese Flotte nach den Niederlanden segeln, das siegreiche Heer des Herzogs von Parma, des größten damahligen Feldherrn, daselbst aufnehmen, und sofort in [418] England landen sollte. Allein kaum hatte diese furchtbare Flotte den Canal erreicht, als die Engländer, welche ihrer Seits sehr viele kleine Schiffe ausgerüstet hatten, von ihren berühmten Seehelden Effingham und Drake angeführt, ohne sich in eine förmliche Schlacht einzulassen, mit einer unbeschreiblichen Kühnheit eine allgemeine Jagd auf die Spanische Flotte machten. Von den Elementen unterstützt, gelang es ihnen, eine große Anzahl der unbehülflichen Spanischen Schiffe zu zerstören. Da sich der Herzog von Parma nunmehr weigerte, seine Truppen bei der Uebermacht der Engländer einzuschiffen; so mußte die Spanische Flotte auf ihre Rückfahrt bedacht sein, welche sie um Schottland herum nahm, und wo sie theils durch die sie immerfort verfolgenden Engländer, theils durch die schrecklichsten Sturmwinde eine solche Niederlage erlitt, daß kaum noch ein Schiff davon unbeschädigt war, als sie endlich die Spanischen Häfen erreichte. Bei der Nachricht von diesen Unfällen sagte Philipp zwar mit anscheinender Gleichgültigkeit: »ich habe sie nicht wider die Sturmwinde geschickt;« aber er selbst und ganz Spanien fühlte diesen Verlust, dessen Folge eine völlige Erschöpfung seiner Kräfte war. Einige andre Flotten, welche Philipp nachher ausrüsten ließ, um die unzufriednen Katholiken in Irland zu unterstützen, wurden ebenfalls von den Sturmwinden zerstreut; und er mußte zu seinem Verdrusse sehen, daß die Engländer im Fortgange des Krieges ihm oft auf das empfindlichste schadeten. Während dieser Unternehmungen gegen England nahm er auch an den Religionskriegen, die damahls Frankreich zerrütteten, Antheil. Er unterstützte die Ligue gegen Heinrich IV. mußte aber unverrichteter Sache 1598 den Frieden zu Vervins schließen. Philipp starb, ohne auch nur den kleinsten Theil von den Absichten erreicht zu haben, wohin sein Ehrgeitz und Ketzereifer strebten. An Statt das Glück seiner Unterthanen und die wahre Größe seines Reichs befestigt zu haben, hatte er dasselbe durch unermeßliche Geldverschwendungen in seinem Innersten erschüttert, den schönsten Theil davon durch seine Grausamkeit verloren, und dadurch den Grund zu dem Verfall gelegt, in welchen diese Monarchie in den neuern Zeiten gesunken ist. Unter seiner [419] Regierung stand Spanien zwar auf dem höchsten Gipfel außerer Größe; aber bei seinem Tode war diese Große mehr scheinbar als wirklich. Philipp hat drei Gemahlinnen gehabt, 1) Maria, eine Prinzessin von Portugal, mit welcher er den unglücklichen Don Carlos zeugte, 2) die ihm an Grausamkeit gleiche Maria, Konigin von England, und 3) Isabella, eine Tochter Heinrichs II. Königs von Frankreich, die mit dem Don Carlos unglücklich ward.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 416-420.
Lizenz:
Faksimiles:
416 | 417 | 418 | 419 | 420
Kategorien: