Racen der Menschen

[13] Racen der Menschen. Man kann keinen Blick in die Regionen der Körperwelt thun, ohne die Letztere als Schauspiel einer unübersehbaren Mannigfaltigkeit zu bestaunen. Das Anorgische wie das Organische, das Mineral wie die Pflanze – Alles hat sein Eigenthümliches, Charakteristisches. Abwechselung herrscht in den Krystallen der Steine, in den Umrissen, den Farben der Gewächse und der Thiere. Indessen scheint es doch, als ob die Natur um so mannigfaltiger in ihren Gebilden werde, je mehr sie in diesen die Materie höhern Gesetzen unterwirft; wenigstens bemerkt das Auge in dem Reiche des Organischen Verschiedenheiten, für die es nichts Analoges in den Schöpfungen der anorgischen Welt findet. Wie zahllos sind nicht wirklich die Abänderungen in den Formen der Thiergattungen, die die Naturbeschreibung für das Gedächtniß [13] annimmt! und durch welche Merkmahle trennen sich oft nicht die Lebendigen wieder, die zu einer und derselben Species gehören!

Ist aber die Natur in den einander verwandten niedrigern Thierwesen mannigfaltig, so ist sie es auch in dem Menschen, dem erhaltensten Geschöpfe der animalischen Welt. Auch sein Physisches stellt uns eine Menge von Abweichungen dar, so sehr es ihn auch sonst als einen Abkömmling von einer und derselben Stammgattung charakterisirt. Welche Verschiedenheiten erblicken wir in den Verhältnissen seiner Glieder, der Farbe seiner Haut, der Beschaffenheit seines Haars, wenn wir ihn nach den verschiedenen Gegenden betrachten, die er auf der Erde einnimmt! wie sehr zeichnet sich der Grönländer von dem Patagonen der Cirkassier von dem Lappen, der Indianer von dem Europäer oder dem Neger am Senegal. aus! – So mannigfaltig indessen die Abarten der menschlichen Stammbildung auch sein mögen; so lassen sie sich doch alle, wenn man mit Kant auf ihr Anarten und ihr Verhalten bei einer Vertauschung des Clima sieht, nur in drei Classen bringen. Denn einige sind zwar erblich, erlöschen hingegen in einem andern Land- und Himmelsstriche wieder; andere arten auch, jedoch nicht nothwendig, an, perpetuiren sich aber als Nachartungen in jeder Zone; noch andere gehen nicht nur beständig in die Zeugung über, sondern behalten auch ihr Charakteristisches auf jedem Boden, in jedem Clima. Die erstern, welche zwar forterben, aber bei einer Vertauschung des Land- und Himmelsstriches in einigen Zeugungen wieder untergehen, bilden das, was der genannte Weise Schlag nennt; die folgenden hingegen, die, wenn sie auch nicht nothwendig anarten, doch als Nachartungen in einer jeden Erdgegend sich erhalten, geben nach ihm Spielarten ab. Nacen sind, dem Begriffe dieses Denkers zu Folge, nur die letztern der physischen Verschiedenheiten, diejenigen nehmlich, bei weichen das Charakteristische ohne Ausnahme anerbt und auf einem andern Boden, in einer fremden Zone fortwährend sich perpetuirt. Und diese Abartungen dürfen auch nur als Racenunterschiede betrachtet werden; denn wenn man überhaupt unter den zu einer Gattung gehörenden Thierwesen Classen annehmen will, so kann man diese nur [14] auf feste und bleibende Charaktere, nicht aber auf Merkmahle gründen, in welchen die Natur theils unbeständig, theils zufällig erscheint.

Das erbliche Charakteristische, das die Individuen, die es unterscheidet, zu Individuen eines besondern Schlages macht, besteht vornehmlich in gewissen Abweichungen der äußern Form. Beispiele von Verschiedenheiten, welche die Höhe des Körpers, die Umrisse, Proportionen seiner Theile angehen, treffen wir in jeder Menschenrace an. Unter den Negern zeichnen sich gewisse Stämme, wie die Bewohner einiger Gegenden unseres Welttheils, als Schläge aus. Die meisten jener Abweichungen, von welchen Sömmerring in seinem Werke über die körperliche Verschiedenheit des Negers vom Europäer spricht, charakterisiren den Erstern nicht als Individuum einer besondern Race, sondern nur als Individuum eines gewissen Schlages. Denn nicht allen Schwarzen ist z. B. der aufgeworfene Mund und die platte Nase eigen, die Camper von dem stärkern Prominiren der Kinnladen und dem Wulstigen der Lippen herleitet. Unter den Weißen giebt uns der Holländer, der in Ansehung seiner Körperform gegen den Deutschen und den Schweden so sehr absticht, ein Beispiel von einem besondern Schlage. Kant führt als Schläge in seiner Abhandlung von den verschiedenen Racen der Menschen die ehemahligen Böotier und Athenienser an. Das Charakteristische, durch das sich diese Völker auszeichneten, war nach ihm eine Wirkung des Bodens, den sie bewohnten. Nach ihm bringt nehmlich das Feuchte oder Trockene des Landstriches, den ein Volk einnimmt, so wie auch die Beschaffenheit der Nahrung, die dasselbe genießt, die erblichen Abweichungen hervor, die unter demselben als Schläge sich kenntlich machen. Und gewiß sind durch diese Ursachen, zu welchen noch die Luft gezählt werden muß, die verschiedenen Volkscharaktere entstanden, durch welche die Bewohner eines Landes oft so auffallend von denen eines angränzenden sich trennen. Nothwendig mußte, indem der Mensch über die Erde sich verbreitete, die (vielleicht schon längst erloschene) Stammbildung gewisse Modificationen erleiden; es mußte in der kältern Lust die dem Körper inwohnende Bildungskraft in gewissen ihrer Wirkungen zurückgehalten, es [15] mußte in der feuchten Atmosphäre die Einsaugung durch die Haut begünstiget, den Muskeln der Oberfläche eine schwammigte Beschaffenheit gegeben, so wie durch die Mischung der verschiedenen Nahrungssubstanzen, die der Wandernde antraf, auf alle Organe verschieden gewirkt werden. Und daß das Physische eines Volks, das sein Vaterland gegen eine fremde Zone vertauscht, wirklich abgeändert werden könne, beweisen die Lappen, die aus dem Ungarischen Stamme entsprossen sind, und deren Sprache der Pater Senovic der Ungarischen auch so ähnlich fand. Eben dieses nordische Volk bestätigt auch den wichtigen Einfluß der Nahrungsstoffe, wenn, wie ein Schriftsteller von Bedeutung annimmt, die Berglappen anders als die Seelappen sich nähren, und beide in Hinsicht des Körperlichen von einander abweichen.

So charakteristisch übrigens auch das Unterschiedene eines gewissen Menschenschlages sein mag, so erscheint es doch immer nur als etwas Unbeharrliches. Es geht durch die geheime Umarmung auf neue Wesen über, aber es erlischt bei Verpflanzungen in den Nachkommen der Letztern wieder: es artet bei der Vermischung der Individuen verschiedener Schläge beiderseitig an; aber es geht wieder unter, wenn das Geschöpf, das durch diese Vermischung entstand, auf einem andern Boden sich perpetuirt. Das Eigenthümliche in den Formen kann daher bei einem Volke ganz verloren gehen, wenn es den Wohnsitz, in dem die Abartung der Stammbildung entstand, mit einer andern Erdgegend vertauscht; und dadurch zeichnet sich besonders das Unterschiedene eines Schlages von dem einer Spielart aus. Das Blonde oder Braune der Haarfarbe eines zu der Race der Weißen gehörenden Menschen bildet eine Spielart und zugleich auch eine Verschiedenheit in eben dieser Race, welche bei einer Vertauschung des Himmelsstriches noch lang sich erhält. Wenn aber auch das Charakteristische der Spielart bei Verpflanzungen fortbesteht, so artet es doch nicht immer beiderseitig an: der Blondhaarige kann mit dem brünetten Weibe bald lauter blonde, bald lauter brünette Kinder zeugen; die durch die Vermischung dieser Spielarten Entstandenen werden oft diese oder jene Haarfarbe besitzen, je nachdem sie dem Vater oder der Mutter nacharteten. So wie sich übrigens in jeder Menschenrace gewisse Schläge[16] auszeichnen, so zeichnen sich wahrscheinlich auch in jeder gewisse Spielarten aus. Wenn es unter den Kongo-Negern rothhaarige giebt, wie Pigafetta behauptet, so bilden diese eine Spielart der Race, zu welcher sie gehören.

Die wichtigsten der physischen Abartungen unserer Gattungen sind diejenigen, welche die Hautfarbe betreffen. Diese Verschiedenheiten erhalten nicht bloß ihr Charakteristisches unter jedem Himmelsstriche, sie arten auch bei jeder Vermischung unausbleiblich an; und darum kann man auch nur auf sie eine Eintheilung der Menschen in Racen gründen. Das Kind, das durch die Geschlechtsvereinigung zweier in die Classe der Neger gehörenden Wesen entsteht, wird jederzeit die Farbe besitzen, welche allen Individuen jener Classe eigen ist; die Haut des Menschen, den der Weiße mit der rothbraunen Amerikanerin zeugte, wird stets das Eigenthümliche der Hautfarbe des Europäischen Vaters und der Amerikanischen Mutter auszeichnen: und nie wird auf einem fremden Boden, in einem andern Clima das Unterschiedene der Farbe der zu den angenommenen Racen gehörenden Individuen, oder der durch die Vermischung von jenen entstandenen Blendlinge verschwinden. Das Weiße der Haut des Europäers wird zwar in dem Vaterlande des Negers sich färben, aber nicht verloren gehen; denn immer wird in der gemäßigtern Zone das Dunkle wieder erlöschen, das die allgemeine Bedeckung in jenem Erdstriche erhält. Und so wird in einer nördlichen Gegend die Haut des Schwarzen zwar heller werden; aber die in jener wehende Luft wird dieser dunkeln Hülle nur dasjenige entziehen, was in dem heißen Gambien die Sonnenstrahlen ihr eindrückten, und was mithin in ihrer Schwärze nur zufällig ist. Das Beispiel, das Caldani von einem Neger anführt, der in dem Clima unsers Welttheils so bleichte, daß er endlich wie an einer schwachen Gelbsucht zu leiden schien, kann keinen Beweis gegen die letztere Behauptung abgeben; denn dieser Schwarze war sehr wahrscheinlich kein Neger, sondern ein Abkömmling zweier in dem heißen Afrika scheinbar ausgearteten Weißen.

So sehr aber auch die Verschiedenheiten der Hautfarbe durch ihr Anarten und ihr Verhalten in fremden Himmelsstrichen von den übrigen Abweichungen unsers [17] Physischen sich auszeichnen, so scheinen sie doch mehreren Naturforschern minder wichtig zu sein. Wenn Camper einigen Artisten den Vorwurf machen konnte, daß sie in ihre Negerfiguren nicht das Charakteristische der Negerbildung gelegt, daß sie nur schwarze Menschen, nicht Neger dargestellt hätten, so mußte er nothwendig das Besondere der äußern Form für bedeutender als die Hautfarbe halten; und hierin folgt ihm einer unserer größten Zergliederer, nehmlich Sömmerring. Dieser Schriftsteller erklärt sich in dem zweiten Paragraphen seiner schon erwähnten Schrift gegen Klügel, der die Farbe als den wichtigsten, Gestalt und Größe hingegen als einen geringern, unwesentlichern Unterschied der Menschen angiebt. Die Folgerung, die Sömmerring aus Klügels Behauptung zieht, daß es nehmlich, wenn man ihr beitrete, auch erlaubt sei, die Neger als schwarze Europäer zu betrachten, gründet sich ganz auf eine besondere Würdigung der von ihm geschilderten Abweichungen der Negerform, die nach seinen Aeußerungen von der Gestalt des Europäers so merklich sich unterscheidet, daß man, wie er in eben diesem Paragraphen ausdrücklich sagt, selbst die Farbe bei Seite setzen könnte. Er bestätiget indessen, und ohne es zu merken, die Meinung seines Gegners durch mehrere Stellen in dem Folgenden seiner Abhandlung: er gesteht, daß es unter den Schwarzen auch Formen und Bildungen gebe, welche sich ganz den Europäischen nähern, gesteht, daß man auch in der Classe der Weißen Individuen von einem wahrhaft mohrischen Ansehen bemerke; und wirklich trifft man auch in der Race der Letztern sehr häufig Beispiele von prominirenden Kinnladen, von wulstigen Lippen, von so genannten Negerphysiognomien an. Können nun aber diese Verschiedenheiten, da sie auch unter uns wahrgenommen werden, als Unterscheidungsmerkmahle des Negers gelten? Kann man annehmen, daß durch sie der Bewohner Gambiens von dem unsers Welttheils sich auszeichne, wenn Erfahrungen sagen, daß sie diesem und jenem gemein sind? Und was wird den Neger, der in Hinsicht seiner Körperform dem Europäer sich nähert, von diesem noch unterscheiden, als die Farbe seiner Haut, die in jeder Zone sich erhält, und die dem Kinde, das aus seiner Vermischung mit der Weißen oder der rothbraunen Amerikanerin entsteht, halbschlächtig anartet? Die Farbe ist daher die wesentlichste der physischen [18] Abartungen unsrer Gattung, denn nur durch sie wird jede Menschenrace von den übrigen getrennt. Färbungen der Haut, die durch ein Leiden dieses Organs veranlaßt werden, können gegen diesen Satz nichts lehren. Ihn durch die Beobachtung des Strak, der einen Weißen durch ein Wechselfieber schwarz werden sahe, bekämpfen zu wollen, wäre eben so ungereimt, als die Kakerlaken wegen ihrer durch Krankheit entstellten Körperhülle als eine besondere Menschenclasse zu betrachten.

Wenn wir dem Urheber der kritischen Philosophie folgen, so lassen sich gegenwärtig nur vier besondere Menschenracen annehmen, nehmlich die Race der Weißen, der gelben Indianer, der Neger, der kupferfarbig-rothen Amerikaner. Von den Bewohnern der Sudsee-Inseln, welche Blumenbach als eine fünfte Race, oder, wie er sich ausdrückt, Spielart angiebt, ist es nach Kants Behauptungen noch ungewiß, ob sie eine besondere Race bilden. Dieser Weltweise meint, daß man sich gegenwärtig von der eigentlichen Farbe dieser Insulaner noch keinen sichern Begriff machen könne; denn wenn auch einigen von ihnen die Farbe des Mahagony-Holzes beigelegt werde, so wisse man doch nicht, wie viel von diesem Braun der Sonne und der Luft zuzuschreiben sei. – Kant nimmt übrigens die gedachten vier Racen um deßwillen an, weil bei ihnen das, was nach ihm das Charakteristische einer Race ausmacht, nehmlich das unausbleibliche und insbesondere beiderseitige Anarten bei ungleichartigen Vermischungen erwiesen ist. Und wirklich geht auch bei solchen Vermischungen das Eigenthumliche, das jede auszeichnet, ohne Ausnahme auf das neue Menschenwesen über; jederzeit giebt die Geschlechtsvereinigung zweier zu verschiedenen dieser Racen gehörenden Individuen einem Blendlinge oder Bastardgeschöpfe das Dasein. Durch die Verbindung des Weißen mit der Negerin entsteht der Muiatt; ein Kind, welches theils das Besondere der Hautfarbe des weißen Vaters, theils das Unterscheidende der Farbe der schwarzen Mutter besitzt. Und so gehen auch Blendlinge aus den Geschlechtsverbindungen des Weißen und des Negers mit den Individuen der übrigen Racen hervor. Die Vermischung des Letztern mit der kupferfarbigen Amerikanerin giebt den Kabugl oder den schwarzen Karaiben, [19] die Vermischung des Erstern mit eben diesem Weibe den rothen, mit der Indianerin den gelben Mestizen. Pflanzt sich übrigens das Unterscheidende jeder der angegebenen Racen fort, so perpetuirt sich auch das Eigenthümliche in der Farbe jeder Blendlingsart: aber dann muß die Begattung auf Blendlinge, welche durch eine und dieselbe Racenvermischung entstanden, sich einschränken; denn das Besondere in der Farbe der genannten Bastarde geht allmählich in den Nachkommen unter, die diese mit Individuen der einen oder der andern Race zeugen. – Beruht also der Charakter einer Race auf dem unausbleiblichen und, in so fern die Vermischung ungleichartig ist, beiderseitigen Anarten, so müssen wir schlechterdings die angegebenen vier erblichen Unterschiede der menschlichen Hautfarbe als eben so viele Racen der Menschengattung betrachten. Von diesen Racen nimmt nun eine jede ihre besondern Erdgegenden ein; die Race der Weißen findet sich in Europa, dem westlichen Asien und dem nördlichen Afrika, die der Schwarzen in dem Mittlern des zuletzt genannten Welttheils, die der Gelben in dem eigentlichen Hindostan, und die der Kupferrothen in Amerika.

Ueber keine der angeführten Racen hat man so viel gesprochen, als über die der Neger, dieser Unglücklichen, die, nach einer sehr unphilosophischen Behauptung1 schon der stärkere Nacken zu Sclaven bestimmt. Der auffallende Contrast, den der Schwarze durch das Dunkle seiner Körperhülle gegen den Weißen bildet, muß auch in der That die Aufmerksamkeit des Letztern mehr als der schwächere Gegensatz erregen, den die Farbe des Amerikaners oder des Indiers gegen die seinige macht. Und diese Rücksicht mag den Verfasser dieses Aufsatzes entschuldigen, wenn er jetzt einige Momente bei dem Neger verweilt, und die Wißbegierde des Lesers, den vielleicht schon oft jener stärkere Contrast rührte, einiger Maßen zu befriedigen sucht. – So wie unter den Weißen die Dänen durch ein blondes, die Portugiesen, Spanier, Italiäner durch ein brünettes Colorit sich auszeichnen; so charakterisiren sich auch die verschiedenen Negervölker durch gewisse Nuancen der Farbe [20] ihrer sammtartig anzufühlenden Haut. Bei Einigen fällt diese mehr in das bräunliche, bei Andern, wie bei den dem Aequator näher Wohnenden, ist sie völlig schwarz. Wenn an den Warzen der Brüste, den Geschlechtsorganen des Weißen die allgemeinen Bedeckungen dunkler sich ausnehmen, so bemerkt man an dem Körper des Negers Stellen, welche lichter erscheinen; nie ist z. B. in dem Flachen der Negerhand, wo die Haut von einem hellern Schleime und einem dichtern Oberhäutchen gedeckt wird, die Farbe so gesättigt, als an andern Gegenden der Oberfläche. Doch – auch Verschiedenheiten, welche die Knochen, die von diesen gebildeten Höhlen und selbst einige der weichen Theile angehen, kommen nach den Behauptungen mehrerer Naturforscher dem Neger zu. Nach ihnen ist der Umfang des Stirn- und Hinterhauptbeins, des Scheitel- und Flügelknochens des Schädels, so wie der Raum der gehirnfassenden Höhle minder bedeutend. Ansehnlicher sind dagegen die Gesichtsknochen und die Cavitäten, die diese in Verbindung mit einigen Schädelbeinen für die Gesichts-Werkzeuge und das Geruchorgan bilden. Stark tritt die obere Kinnlade mit der ziemlich dicken und unebenen untern hervor; und die verticale Gesichtslinie, welche am Kopfe des Europäers senkrecht ist, erscheint in etwas geneigt. Die Knochen der Brust sind sehr gewölbt, und schließen mit den Rückenwirbeln eine ansehnliche Höhle ein; aber die Cavität des Beckens ist weniger geräumig. Die Kniee und die obern Theile der Unterschenkel liegen weiter als bei uns von einander entfernt, und die Knochen der Finger und Zehen besitzen eine mehrere Länge. Die Scheitel deckt ein sehr kurzes, feines, schwarzes, glänzendes Haar, ein Haar, das nach Zimmermanns Behauptung nicht mit dem krausigen eines Europäers verglichen werden kann. Die Augenlieder sind etwas eng geschlitzt, und decken mehr von dem Augapfel, dessen Weißes gelblich braun sich ausnimmt. Die Blendung (Iris) ist einfach dunkel, und ein sehr schwarzer Schleim umgiebt die äußere und innere Fläche der gefäßreichen Angenhaut. Die mit sehr weiten Oeffnungen versehene und wie auf der Oberlippe ruhende Nase ist klein, stumpf, platt, wenig hervorspringend. Die schmuzig rosenfarbenen oder schwärzlich bläulichen Lippen sind dick, wulstig, aufgeworfen. Das Ohr, das mehr als das unsrige vom Kopfe abstehen soll, ist rundlicher und dem des Affen ähnlicher. Auch der Nabel soll [21] rundlich hervorragend, und gleichsam wie ein kleiner Bruch anzufühlen sein. Das Gehirn hat in Hinsicht der Farbe nichts Besonderes, aber es steht in Ansehung der Größe dem des Weißen in etwas nach.

Dieß sind die körperlichen Verschiedenheiten, die, außer der Farbe der Haut, die Race bezeichnen sollen, die sich uns in dem Neger darstellt. Aber wenn die meisten dieser Abweichungen auch unter Weißen, Südsee-Insulanern und Andern sich finden; wenn sie auch Völkern zukommen, welche nicht zu den Schwarzen gezählt werden: so können sie schon um deß willen nicht als wesentliche der Letztern gelten. Und das Allgemeinere dieser Verschiedenheiten haben die fleißigen Beobachtungen und Vergleichungen mehrerer neuer Naturforscher, haben die Fortschritte, die in diesem Jahrhunderte die Natur- und Völkerkunde gemacht hat, außer Zweifel gesetzt. Sömmerring spricht in der schon mehr mahls erwähnten Schrift von dem Schädel eines Thüringers, bei welchem, wie an dem Kopfe des Negers, die Kinnladen prominiren, und die viel flächere Nase eine ungewöhnlich weite Oeffnung besitzt. Das Wollhaar, das so oft als eine Eigenthümlichkeit des Schwarzen betrachtet wird, und das, wie Zimmermann annimmt, noch merkwürdiger als die platte Nase und die wulstige Lippe ist, kommt, wenn wir den Bemerkungen Anderer folgen, auch Menschen zu, welche nicht in die Race der Schwarzen gehören; nach Blumenbach wird es auch bei manchen zu den Südsee-Insulanern gezählten Völkern, wie bei den Ygoloten auf den Philippinen, den Bewohnern der Charlotten Inseln, angetroffen. Das Haar der Hottentotten ist nach Spaarmann noch wollartiger, als das des Negers; ein Unterschied, den der Vorhergenannte durch Abbildungen wirklich bestätiget fand. So sind auch die enggeschlitzten Augenlieder nicht bloß Negern eigen; sie kommen, wie Blumenbach sagt, auch den Individuen seiner zweiten Spielart, den jenseit des Obi, des Ganges wohnenden Asiaten so wie den Nordamerikanern zu, die er nebst jenen gelbbraun und dünnbehaart annimmt. Und dann werden auch unter den Negern jene Verschiedenheiten nicht durchgängig bemerkt; sie zeichnen unter ihnen nur gewisse Stämme und Familien aus: und deßwegen können sie auch nur als Merkmahle gewisser Schläge und Spielarten betrachtet werden. So besitzen nicht alle Negerindividuen, wie auch schon im Eingange dieses Aufsatzes [22] bemerkt wurde, platte Nasen und aufgeworfene Lippen; Adanson, der die Schwarzen am Senegal für die schönsten Menschen in Nigritien hält, fand bei den Negerinnen jener Küste Mund und Lippen klein. Man irrt daher, wenn man sich die Neger nur als häßlich denkt: unter ihnen zeichnen sich nicht wenige durch eine vollkommene Schönheit aus; ein Vorzug, der überhaupt nach dem Ausspruche eines Schriftstellers von Bedeutung keinem Volke, keiner Menschenvarietät ausschließlich zukommt.

Der Neger ist übrigens sehr oft in geistiger Hinsicht eben so ungerecht als in körperlicher beurtheilt worden. Charlevoix z. B. schildert die Fähigkeiten der in Guinea wohnenden Schwarzen, an denen er übrigens die Verschwiegenheit rühmt, höchst unvortheilhaft; nach ihm ist bei den meisten das Vermögen, das den Menschen über die übrigen Geschöpfe der Erde so weit erhebt, das Vermögen des Denkens völlig beschränkt. Aber die Bemerkungen sehr zuverlässiger Reisenden sprechen gegen diese einseitige Behauptung: ihr steht ganz das entgegen, was Barbot über die Anlagen des Negers sagt; Anlagen, die freilich bei dem Drucke, unter welchem jener seufzt, nicht immer sich entwickeln können. Barbot behauptet, daß es den Schwarzen gar nicht an Kopf und Verstand fehle, und daß man unter ihnen sehr häuflg Beispiele von einer bewundernswürdigen Stärke des Gedächtnisses bemerke; und die Vorsicht, mit der sie nach diesem Schriftsteller bei ihrem Handel mit den Europäern zu Werke gehen, zeigt in der That von vieler Klugheit. Nach ihm sind sie nehmlich auf diese sehr aufmerksam, und untersuchen, da sie von ihnen schon so oft sich betrogen sahen, genau die empfangenen Waren, ob sie die gehörige Güte besitzen oder das bestimmte Maß halten. – In den Künsten und Wissenschaften haben sich auch mehrere Schwarze zu ihrem Vortheile ausgezeichnet. Blumenbach nennt uns auf der 95. Seite des ersten Theils seiner Beiträge zur Naturgeschichte den Namen eines als Tonkünstler und Zeichner gleich groß gewordenen Negers. Noch merkwürdiger ist der als Arithmetiker bekannt gewordene Fuller, von dem der genannte Naturforscher auf der gleich folgenden Seite spricht. Die Schnelligkeit, mit welcher dieser Schwarze einmahl eine ihm vorgelegte arithmetische Frage beantwortete, setzt in Erstaunen. In einer Gesellschaft verlangte man von ihm die Zahl der Secunden [23] zu erfahren, die ein Mensch, der 70 Jahr und mehrere Monathe alt geworden wäre, verlebt habe. Fuller gab in einer und einer halben Minute die Summe an, die man aber bei dem Nachrechnen unrichtig fand. Der Neger machte nun auf die Schalttage aufmerksam, die man in die Rechnung zu bringen vergessen hatte; man rechnete diese hinzu, und – die angegebene Summe war richtig. Gewiß ein belehrendes Beispiel für diejenigen, die den Schwarzen nicht einmahl zu den Menschen zählen, sondern ihn als ein Mittelgeschöpf zwischen uns und dem Orang Utang betrachten wollen.

Die Farbe des Negers hängt, wie bei dem Weißen, dem gelben Indianer und dem kupferrothen Amerikaner, von einem zwischen dem Oberhäutchen und der eigentlichen Haut befindlichen Schleime ab, der der Malpighische genannt wird. Dieser Schleim, der an den Zungen einiger Thiere netzförmig erscheint, deckt am Körper des Menschen die gegen einander gewendeten Flächen jener Hüllen als eine mehr zusammenhängende Masse. Durch die Einwirkung der Luft und des Weingeistes gewinnt diese Substanz an Festigkeit, welche Einweichen im Wasser und Fäulniß ihr entzieht. Immer besitzt das Oberhäutchen, das nach den Behauptungen einiger Zergliederer durch ein Erhärten der obern Schicht des erwähnten Schleimes entstehen soll, die Farbe des Letztern. Es nimmt sich indessen, wenn man es nach Ablösungen betrachtet, seiner Trockenheit und Durchsichtigkeit wegen etwas heller aus. So fällt das von dem Neger genommene, wenn es auch einen völlig dunkeln Schleim deckte, doch nur in das schwärzlich Graue. Die unter der malpighischen Substanz befindliche Haut ist aber bei allen Menschen weiß; sie ist es auch bei dem schwärzesten Neger: und sie erscheint, wenn man bei ihm an einer Stelle die mucose Materie hinweg nimmt, eben so hell, als am Körper des Europäers. Man kann also nicht läugnen, daß die Farbe der häutigen Bedeckungen von dem erwähnten Schleime abhänge; eine Meinung, für welche noch besonders die in dem Teint des Weißen und des Negers vorkommenden Nuancen sprechen. Bei jenem ist die Haut an den Warzen der Brüste und den Geschlechtstheilen dunkler, aber hier ist es auch die malpighische Substanz; bei diesem wird die Farbe in dem Flachen der Hände und an den Platten der Füße lichter, und hier deckt auch das dickere Oberhäutchen einen hellern Schleim.

[24] Mehrere Naturforscher haben die Ursache, von der das Verschiedene in der Farbe der malpighischen Substanz abhängen könnte, zu enthüllen gesucht. Die Physiologie ist daher nicht arm an Meinungen über die Entstehung jener Eigenthümlichkeiten, nach welchen wir mit Kant die Menschengattung in Racen theilten; aber das Unbefriedigende und Widersprechende, das sich diesen Meinungen vorwerfen läßt, kann den Aufmerksamern bald überzeugen, daß sie nur als Hypothesen betrachtet werden dürfen. Und je weniger noch der Naturforscher die Verschiedenheiten der Haut bei den einzelnen Menschenracen kennt, je weniger er noch von ihren besondern Wirkungen und Folgen weiß; desto mehr muß auch alles Hypothese sein, was er über den Ursprung der Farben jener Racen aufstellt. Gemeininiglich sieht man das Unterschiedene dieser Abartungen mit Buffon, Zimmermann und Andern nur als Wirkung des Himmelsstriches an. Der letzt genannte stellt in seiner geographischen Geschichte des Menschen und der vierfüßigen Thiere alles auf, was für die Macht des Clima in dieser Hinsicht zu sprechen scheint. »Je größer, sagt er, die Hitze eines Landes ist, desto tiefer gefärbt, oder desto schwärzer ist der in jenem lebende Mensch: so wie die Hitze sich vermindert, verbleicht die Farbe der Haut; sie wird endlich unter dem kalten Himmelsstriche völlig weiß. – Am Senegal und in den benachbarten Ländern steht das Thermometer oft auf 112 ja 117 Grad; hier ist der schwärzeste Mensch, der Neger mit Wolle auf dem Kopf von glänzender Ebenholzfarbe. Die Hitze ist groß in Kongo, Loango, dem Lande der Anziker; und hier sind auch nichts als Neger. Weiter herunter nach Süden oder herauf nach Norden, in Marocko und am Cap der guten Hoffnung ist die Hitze geringer, aber dennoch hinreichend, um den Hottentotten schwärzlich und den Marockaner dunkelbraun zu färben. Asien erreicht nicht den Aequator, ist ferner durch den über das Südmeer kommenden Ostwind abgekühlt, also minder heiß als Afrika; hier lebt auch nur der gelbe und olivenbraune Mensch. Europa hat in seinem wärmsten Theile, als Spanien, Portugal und einigen Gegenden von Italien bräunliche Menschen; so wie man aber höher hinauf, oder in kältere Himmelsstriche kommt, sieht man die Farbe heller werden. Schon der nördliche Theil von Spanien hat weißere Einwohner, [25] als der südliche; und bei einer ansehnlichen Kälte findet man endlich das blendende Weiß des Deutschen, Dänen und Normannes. – Die Saracenen und Mauren, welche im siebenten Jahrhunderte das nordöstliche Afrika einnahmen, und braun waren, sind nun, da sie tiefer gegen den Aequator herunter gegangen sind, dem wahren Neger so ähnlich, daß sie sich gegen diesen durch nichts charakterisiren. Dasselbe gilt auch von den Portugiesen, die sich im vierzehnten Jahrhunderte in Afrika unweit dem Senegal niederließen; sie kamen bräunlich aus ihrem Vaterlande, sind aber gegenwärtig dem Clima so angeartet, daß man ihre Nachkömmlinge nicht mehr von den Negern unterscheiden kann. – Endlich sieht man auch bei einer und derselben Nation diejenigen Familien und Judividuen, welche der offenen Sonnenhitze mehr ausgesetzt sind, dunkler gefärbt als die, welche dieser weniger sich auszusetzen pflegen. Bei uns ist der Landmann drauner als der Städter, und in heißen Gegenden wird dieser Unterschied auffallend groß.« – Dieß sind die Beobachtungen, durch welche Zimmermann den behaupteten Einfluß des Clima außer Zweifel zu setzen sucht. Aber so sehr sie auch für diesen zu sprechen scheinen, so wenig können sie doch für denjenigen, der gewissen andern Erfahrungen nachgeht, als Beweise gelten. Immer ist es ein sehr wichtiger Einwurf, daß die Bewohner solcher Erdgegenden, welche in Ansehung der Lufttemperatur einander völlig gleichen, doch nicht durchgehends dieselbe Hautfarbe besitzen. Nicht bei allen Völkern steht der Teint der Haut mit dem Clima in demjenigen Verhältnisse, in dem er doch nach Zimmermann stehen sollte. Der nördliche Theil von Amerika ist beträchtlich kalt, und dennoch ist der hier lebende Mensch nicht weiß, sondern bräunlich. Und wäre das Dunklere oder Hellere der Haut nur von dem Clima abhängig: wie könnte da der Neger in jenen Gegenden, in welchen gleichsam ein ewiger Winter ruht, dem Charakteristischen seiner Race getreu bleiben? wie könnte die Französische Creolin in Westindien die den Bewohnern des Mutterlandes eigene Farbe behaupten? Sind daher die Nachkömmlinge der nach Afrika gewanderten Mauren und Portugiesen in Neger ausgeartet, so muß man auf Vermischungen mit Schwarzen schließen; und dieser Schluß darf um so weniger kühn genannt werden, je mehr Erfahrungen das Beharrliche der Hautfarben bestätigen, [26] und je weniger es bewiesen werden kann, daß jene Völker unvermischt sich erhielten. Und wenn nun bei einer jeden Menschenrace die Haut durch gewisse Eigenthümlichkeiten des Organischen sich charakterisirt, und wenn diese Eigenthümlichkeiten in den verschiedenen Erdgegenden das physische Wohl der Individuen befördern helfen; so kann man keinesweges nur das Clima als Ursache der angenommenen Racenunterschiede betrachten. Die Kälte und Wärme der Atmosphäre kann wohl auf die Theile unserer Oberfläche wirken; aber sie kann diese Theile nicht verschiedentlich organisiren, sie kann auch mit den sich bildenden Abartungen Zweckmäßigkeit ertheilen. Und giebt es Phänomene, die auf das Dasein besonderer und dabei wohlthätiger Einrichtungen in den Hautsystemen der Individuen dieser und jener Race hinleiten, so muß man sich um so mehr bestimmen, den eigentlichen Grund jener Farbenunterschiede in den Geschöpfen selbst, und zwar in einer ihnen eigenthümlichen Kraft zu suchen. Nur durch die Annahme eines Vermögens, das durch die Einflüsse der Außenwelt zu gewissen Wirkungen veranlaßt werden kann, läßt sich die Tendenz der Materie denken, der bestehenden Maschine noch anzueignen, was vielleicht unter den besondern Einwirkungen, die sie erfährt, den Fortgang ihrer Geschäfte zu sichern vermag. Das Clima kann daher nur als eine entfernte und mittelbare Ursache der die Menschenracen bezeichnenden Hautfarben gelten. Und wenn man auch keinen Grund hätte, die Haut des Negers, des Indiers u. s. w. als verschiedentlich organisirt anzunehmen, so würde man doch auch dann die Wirkungen des Himmelsstriches nur als mittelbare betrachten dürfen; denn keine Materie kann Veränderungen in einer andern hervorbringen, wenn dieser die Fähigkeit, durch die Eindrücke jener modificirt und in Hinsicht des Erkennbaren anders bestimmt zu werden, nicht zukommt. Und daher muß man auch bei denjenigen physischen Abweichungen, welche Kant Schläge nennt, und die durch die Beschaffenheit der Nahrungsstoffe, durch das Feuchte oder Trockene des Bodens und der Luft entwickelt werden, auf innere Ursachen zurück schließen; denn auch die Entstehung dieser Merkmahle kann durch die bloßen äußern Einwirkungen, und ohne gewisse Anlagen in dem Wesen selbst anzunehmen nicht begriffen werden. Gründer sich übrigens das Verschiedene in den Farben [27] der Haut auf besondere Veranstaltungen einer bildenden Kraft, so darf das Beharrliche, durch das sich jene classischen Charaktere bei Verpflanzungen auszeichnen, weniger befremden: denn hat die bildende Kraft unter der Einwirkung mittelbarer Ursachen gewisse Theile entwikkelt, und haben sich diese Theile schon mehrere Generationen hindurch perpetuirt; so werden sie, wenn die Einflüsse der Außenwelt auch nicht mehr dieselben sind, doch unverändert fort bestehen müssen, weil vielleicht das sie hervorbringende Princip von den einmahl angenommenen Richtungen nicht wieder abgelenkt werden kann.

Schon diese Bemerkungen müssen dem Nachdenken sagen, daß das Verschiedene in dem Physischen der Menschen nicht berechtige, mehrere Gattungen in Hinsicht ihrer anzunehmen. Einige haben geglaubt, das Eigenthumliche in den Gestalten und Farben der auf der Erde wohnenden Völker mit der Idee eines allgemeinen Stammvaters nicht vereinigen zu können. Der paradoxe Theophrastus Paracelsus Bombast von Hohenheim, über den der Leser im dritten Theile der Sprengelschen Geschichte der Arzneikunde Mehreres findet, leitete den Ursprung der Amerikaner von einem zweiten Adam her. Auch Hughes, Home, Voltaire nahmen, gleich diesem schwärmerischen, bald verachteten, bald erhobenen, Theosophen mehrere Localschöpfungen an. Es mangelte auch nicht an Schriftstellern, denen der Nachtmensch des Linné eine besondere Species zu sein dünkte. Aber die Amerikaner und Neger gehören zu derselben Gattung, zu der der Indier und Europäer, der Bewohner von Papua und Malikollo gehört. Bei ihnen allen leitet das Fortpflanzungsgeschäft auf Einheit der zeugenden Kraft: und Thiere, für welche dasselbe Zeugungsvermögen gilt, können nicht verschiedene Arten sein; denn nur durch die Begattung der zu einem und demselben Stamme gehörenden Wesen wird die in dem Zeugungsstoffe angenommene Bildungskraft in Thätigkeit gesetzt. Und so wenig die Amerikaner und Neger besondere Menschengattungen darstellen, so wenig stellt auch der Nachtmensch, unter dem Linné den von Tagblindheit befallenen Kakerlaken versteht, eine besondere Menschenart dar. Die Kakerlaken oder Cretins, die man zuerst unter den Negern bemerkte, und die anfänglich auch bleiche Neger genannt wurden, sind Individuen, welche [28] an dem Cretinism, einer besonderen Krankheit, leiden. Diese Krankheit, die Ramond de Carbonieres auch in den Thälern der Pyrenäen sahe, und von der der Capitain Cook Beispiele auf Otaheiti und den Freundschaftsinseln fand, kommt nach Blumenbach auch unter andern warmblütigen Geschöpfen, und sowohl unter Vögeln als Säugthieren vor. Hätten wir übrigens den Cretinism auch nicht als einen pathologischen Zustand kennen gelernt, so würde schon die durch Erfahrungen bestätigte fruchtbare Vermischung des menschlichen Kakerlaken mit Weißen und Negern es sagen, daß auch der Cretin in dem Natursysteme da stehen müsse, wo wir mit dem schwarzen, dem gelben und dem rothbraunen Menschen stehen.


Fußnoten

1 Siehe Wünsch kosmologische Unterhaltungen, den dritten Band, Seite 64.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 13-29.
Lizenz:
Faksimiles:
13 | 14 | 15 | 16 | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 | 22 | 23 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Cardenio und Celinde

Cardenio und Celinde

Die keusche Olympia wendet sich ab von dem allzu ungestümen jungen Spanier Cardenio, der wiederum tröstet sich mit der leichter zu habenden Celinde, nachdem er ihren Liebhaber aus dem Wege räumt. Doch erträgt er nicht, dass Olympia auf Lysanders Werben eingeht und beschließt, sich an ihm zu rächen. Verhängnisvoll und leidenschaftlich kommt alles ganz anders. Ungewöhnlich für die Zeit läßt Gryphius Figuren niederen Standes auftreten und bedient sich einer eher volkstümlichen Sprache. »Cardenio und Celinde« sind in diesem Sinne Vorläufer des »bürgerlichen Trauerspiels«.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon