Robinson

[298] Robinson, ein Engländischer Matrose, der durch Zufall allein auf ein Südamerikanische Insel (nach einigen war es Juan Fernandez) ausgesetzt, viele Jahre als Einsiedler leben mußte, gab, wie es heißt, im vorigen Jahrhunderte den ersten Anlaß zu den Robinsonaden, die lange der Modestoff romantischer Dichtungen waren. Der natürliche Trieb des Menschen nach Vereinfachung der Bedürfnisse und nach einer genügsamen Unabhängigkeit belebte das Interesse für den Roman. Sein Held ist ein Mensch, der aus dem Stande cultivirter Gesellschaften [298] auf einmahl in die Einsamkeit und in den Naturstand zurückgeschlendert wird, zwar mit Werkzeugen der Kunst und andern Hülfsmitteln der Cultur versehen, aber doch aller der Hülfe beraubt, welche die Vereinigung lebendiger Kräfte darbietet. Diesen interessanten Gesichtspunkt faßte J. J. Rousseau auf, und empfahl den Robinson Crusoe als Lesebuch der Jugend. Campe sah weiter. Um der Jugend die Vortheile der Gesellschaft noch fühlbarer zu machen, theilte er das Leben seines Robinsons in 3 Perioden. Die erste ist die einer gänzlichen Verlassenheit, wo er von aller Gesellschaft abgeschnitten, von allen Werkzeugen entblößt, selbst des Feuers, des Hauptvermittlers unsrer Bedürfnisse, beraubt, bloß auf den Gebrauch seiner Hände und eines Hebels eingeschränkt war; die 2te die der aufkeimenden Gesellschaft, wo er einen Gefährten findet, der seine Kraft verdoppelt, und ihm den Gebrauch des Feuers schenkt; die 3te die der höhern Cultur, wo ein Wrack ihn in Besitz der meisten lange entbehrten Bequemlichkeiten des Lebens, aller nothwendigen Werkzeuge und Vorräthe setzt, die für den civilisirten Menschen Bedürfniß sind. – Diese allmähligen Fortschritte zu den verschiedenen Stufen der Cultur belehren die Jugend über den Gang der menschlichen Bildung, und sind geschickt, sie vor romantischen Ideen zu bewahren, ohne das Vertrauen auf eigne Kraft ganz zu ertödten.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 298-299.
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