[96] Schildknappe (Schildträger, Wapener, Junker) hieß im Mittelalter derjenige junge Mann, der unter den Befehlen eines wirklichen Ritters stand, um sich unter seiner Leitung zum Kriegsdienste sowohl als zu den Ritterspielen vorzubereiten. – Es ist geschichtlich zu erweisen, daß, nachdem in der letztern Hälfte des eilften Jahrhunderts in Deutschland die Ritterspiele (Turniere, deren Ursprung jedoch in Frankreich zu suchen ist) aufgekommen und bald allgemein beliebt geworden waren, dieselben als Vorbereitung zum wirklichen Kriegsdienste ordentlich zunftmäßig getrieben und behandelt wurden (vergl. den Art. Ritterspiele), und daß ein Jeder, ohne Unterschied der Geburt, der einst Ritter sein und heißen und als solcher einmahl bei Ritterspielen erscheinen und turnieren wollte, allen und jeden deßhalb bestehenden ausdrücklichen und stillschweigenden Verfügungen der agirenden Glieder sich unterwerfen mußte. Diese Ritter theilten sich ordentlich in Nationen, und jeder derselben stand ein angesehener und beliebter Ritter vor, welcher Rex torneamenti, Turnierkönig, hieß, und welchem jeder andere Ritter, wenn auch von noch so hoher Geburt, untergeordnet war. Jeder Ritter ( miles) aber hatte nun wieder dergleichen junge Männer unter sich, die, weil sie noch nicht zunftgerecht Ritter heißen konnten, bloß Schildknappen genannt wurden, und als Lehrlinge zu vielen Obliegenheiten gegen den Ritter, als ihren Meister, gehalten waren, z. B. an den Turniertagen zu Nachtragung der ritterlichen Waffen und zu Herbeischaffung des ganzen Apparats, außer den Turniertagen aber zur Aufwartung und Bedienung ihres Meisters auf seiner Burg oder in seinem Schlosse. Dieser Dienst war in den Augen der alten Deutschen so ehrenvoll, daß selbst junge Fürsten sich [96] gern demselben unterzogen, wäre auch der Meister von minder hoher Geburt gewesen. So blieb der junge König von Pohlen, Boleslav, nachdem er schon die Regierung angetreten hatte, noch Schildknappe des Kaisers Heinrich II. und nur erst nach einiger Zeit ward er, wie es sich gehorte, vermittelst feierlichen Ritterschlags Meister in seiner Zunft. Ja selbst Wilhelm Graf von Holland mußte, da er bei seiner Wahl zum Römisch-Deutschen Kaiser noch sehr jung und vermöge seiner Jugend noch Schildknappe war, von dem damahls regierenden König von Böhmen, als Turnierkönige, unter den Rittern seiner Nation sich zum Ritter schlagen lassen; älterer und neuerer Beispiele nicht zu gedenken.
Um nun Schildknappe und dereinst Ritter zu werden, war bis zu des Kaisers Friedrich II Zeiten, außer der freien Geburt und außer dem dem Ritterstande nöthigen Lebensunterhalte, nichts weiter erforderlich; allein dieser Kaiser verordnete, daß künftig nur diejenigen zu Lehrlingen der Ritterspiele und Ritterdienste angenommen werden könnten, welche entweder von Rittern geboren wären oder die der Kaiser wegen ausgezeichneter Verdienste mit diesem Rechte begünstigen würde. Und bei dieser Verordnung ist es auch geblieben, so lange in Deutschland Turniere gehalten worden sind, nehmlich bis zu Ausgange des sechzehnten Jahrhunderts; mithin konnten seit dieses Kaisers Zeiten bloß Junge vom Adel Schildknappen werden und die eigentliche Rittercarriere machen. Von dem Meister des jungen Knappen hing es dann ab, ihn zum Ritter zu machen, oder besser, ihn feierlich zum Ritterschlage zu lassen, und also ihm das Recht zu verstatten, daß er an den Ritterspielen als agirendes Glied Theil nehmen durfte; dieß geschah denn aber auch unweigerlich, sobald der Ritter an seinem Knappen das dem Ritterstande nöthige Betragen verspürte. Von dem Ritterschlage wird in den Nachträgen das Nöthige gesagt werden.