[33] Tabak. (Nicotiana) Diese für Enropaʼs Industrie so bedeutend gewordene Pflanze hat ihre Einführung, so wie viele andere, der Entdeckung Amerikaʼs zu verdanken. Hier hatte man sie gefunden, und Samen[33] davon nach Lissabon geschickt, wo sie auch in den Gärten mehrerer Liebhaber ausländischer Gewächse gezogen wurde. Der hiesige Französische Gesandte, Jean Nicot, von welchem einige Leute sich der zerquetschten Blätter zu Heilung ihrer Wunden mit glucklichem Erfolge bedient hatten, nahm Tabaksamen mit nach Frankreich (1560); und nun wurde die Pflanze auch nach seinem Namen Nicotiana genannt: bald wurde der Ruf davon ausgebreitet, zumahl da man ihre Blätter nicht blos wegen der medicinischen Kräfte, wie anfangs, sondern auch hauptsächlich zum Rauchen und Schnupfen, wie man es von den Wilden in Amerika gelernt hatte, gebrauchte; und nicht lange dauerte es, als man in den übrigen Erdtheilen eben so bekannt damit wurde. Der Tabak nun – dieser Name rührt von der Insel Tabago1 her – list eine jährige Pflanze, deren Same erst auf Beete gesäet und dann nach 3 bis 4 Wochen in jungen Pflänzchen auf ein Feld, das in kleinen Hügeln, wie ein Hopfgarten, zugerichtet ist, verpflanzt wird. Nach einem Monat, ungefähr in der Mitte des Julius, werden sie oben geköpft, unten abgeblattet und fleißig gereiniget, und erreichen dann in etwa 6 Wochen ihre vollkommene Höhe, die im guten fetten Gartenlande 4 bis 8 Fuß austrägt. Sie werden, sobald sie reif sind, sofort abgenommen, geblattet, in Haufen gelegt, wo sie eine Nacht durch schwitzen müssen, und dann, in Bündeln an lange Fäden gereiht, ins Tabakshaus zum Abtrocknen gebracht. – Die Pflanze an sich selbst gehört zu den betäubenden Pflanzen; sie hat auch eigentlich einen widrigen, narkotischen Geruch und einen ekelhaften scharfen Geschmack. Der Rauch von den angezündeten trocknen Blättern hat auf die, die ihn einziehen, und besonders auf die, welche erst zu rauchen anfangen, eine höchst betäubende Wirkung, die sich durch Zittern, Aengstlichkeit, kalten Schweiß, Schwindel [34] etc. äußert – ein Beweis, wie sehr er eigentlich der Natur zuwider ist! Eben so wirkt auch der Tabak, äußerlich gebraucht, äußerst heftig. – Das Tabaksschnupfen, oder die sonderbare Gewohnheit, das Pulver der Tabaksblätter in die Nasenlöcher zu ziehen, ist eben so stark in Gebrauch gekommen, als das Rauchen, und hat fast dieselben Wirkungen auf die Gesundheit.
1 Tabago, eine von den kleinen Antillischen Inseln in Amerika, die vorher bald den Holländern, bald Engländern oder Franzosen gehörte, endlich durch den Pariser Frieden 1763 an die Engländer, neuerlich aber doch wieder an die Franzosen gekommen, ist sehr fruchtbar, und eben wegen der Plantagen, zu deren Vearbeitung gegen 40,000 Negersklaven gebraucht werden, von Wichtigkeit. Zugleich wächst auf dieser Insel der beste Sassafras; auch sind mehrere Muskat-Bäume daselbst angepflanzt worden.
Buchempfehlung
Der in einen Esel verwandelte Lucius erzählt von seinen Irrfahrten, die ihn in absonderliche erotische Abenteuer mit einfachen Zofen und vornehmen Mädchen stürzen. Er trifft auf grobe Sadisten und homoerotische Priester, auf Transvestiten und Flagellanten. Verfällt einer adeligen Sodomitin und landet schließlich aus Scham über die öffentliche Kopulation allein am Strand von Korinth wo ihm die Göttin Isis erscheint und seine Rückverwandlung betreibt. Der vielschichtige Roman parodiert die Homer'sche Odyssee in burlesk-komischer Art und Weise.
196 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro