Titus Flavius Domitianus

[358] Titus Flavius Domitianus, einer der abscheulichsten Tyrannen, die je das Römische Reich beherrschten, geb. im Jahr 51 nach christlicher Zeitrechnung, war der jüngere Sohn des Kaisers Vespasian, und verübte schon in seiner Jugend die schändlichsten Laster. Unthätigkeit, Wollust, Argwohn, Tücke und Hang zur Grausamkeit machten ihn verhaßt, und schon zitterte Rom, als nach dem Tode seines vortrefflichen Bruders Titus dieses Ungeheuer das Diadem erhielt (Jahr 81). Allein er täuschte das Volk bald durch häufige Wohlthaten, treffliche Gesetze und anscheinende Gerechtigkeitsliebe, so das alle Furcht verschwand. Doch nicht lange konnte er seine eigentliche Gemüthsart verbergen; denn er ergab sich bald wieder den ehemaligen Ausschweifungen, und sein Hang zur Grausamkeit äußerte schreckliche Wirkungen. Mit seiner Grausamkeit verband er eine so große Eitelkeit, daß er über die Catten, denen er sich nie mit einem Heere genähert hatte, triumphirte, und sogar den Agricola, seinen besten Feldherrn und den Sieger über Britannien, aus Neid zurück rief und verabschiedete, dessen Verlust er jedoch früh genug empfand. Seine Unthätigkeit schadete den Römern ausserordentlich, und unter ihm fing das Reich schon merklich an, sich zu seinem Falle zu neigen. Schon empfand er selbst, wie sehr er verhaßt sei, und nichts glich seinem Mißtrauen, welches täglich und mit demselben seine Grausamkeit stieg. Als endlich seine Gemahlin Domitia ihren eignen Namen, nebst den Namen vieler Hofbedienten und Offiziere, auf einer Liste zum Tode verurtheilter Personen fand, stiftete sie mit einigen derselben eine Verschwörung wider ihn. Einer der Verschwornen nahte sich dem Kaiser um Mitternacht, überreichte[358] ihm eine Schrift über einen angeblichen Plan wider sein Leben, und fließ ihm, als er sie begierig durchlas, den Dolch in den Leib; mehrere eilten dann herbei und tödteten ihn mit vielen Wunden, den 18. Sept. 96, im 45. Jahre seines Lebens.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 358-359.
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