[405] Die Grammatik (a. d Griech.) heißt die Kunst, eine Sprache richtig zu reden und zu schreiben – die Sprachkunst. Bei den Alten hatte ursprünglich dies Wort einen ganz andern und weit umfassendern Sinn, welche Grammatik vielmehr den Unterricht nicht blos in der Sprachkunde, sondern auch hauptsächlich in der Dichtkunst, Redekunst, Geschichte, und selbst in den ersten Anfangsgründen der Philosophie, in so fern sie bei jenen anwendbar war, nannten; daher hießen denn auch Grammatiker solche Gelehrte, welche in allen den vorigen Wissenschaften Unterricht ertheilten. Die Kunst aber, blos richtig zu reden, zu lesen und zu schreiben, also nur einen Theil von der Grammatik, nannten sie Grammatistik, und die Lehrer darin Grammatisten. Mit dieser Wissenschaft wurde beim Unterricht der Jugend zuerst der Anfang gemacht. Unter den griechischen Grammatikern waren hauptsächlich die Scholiasten (s. dies. Art.), und bei den Römern hießen die Grammatiker und Rhetoren auch Professores, Literati, Literatores: ihren Unterricht hörten nicht blos Knaben und Jünglinge, sondern öfters auch Männer von Einsicht und Erfahrung. Zu Rom war im Anfange des Kaiserthums die Anzahl der Grammatiker so groß, daß viele die Stadt verließen und sich nach Oberitalien vertheilten, wodurch denn auch eine große Menge öffentlicher Schulen veranlaßt wurde. Späterhin waren die Grammatiker fast allein im Besitz der ganzen Gelehrsamkeit, aber oft beschäftigten sie sich auch mit unnützen Grübeleien und Hypothesen, [405] wodurch denn freilich ihr ganzes Studium ein sehr abschreckendes Ansehen erhielt. – Ueber Grammatik in dem Sinne, wie es gegenwärtig gebraucht wird, s. m. den Art. Sprachlehre, Th. V. S. 538.