[341] Marquis von Favras, geb. zu Blois, hatte sich frühzeitig dem Militair gewidmet, mit Auszeichnung in den Jahren 1762 und 63 gedient, eine Officiers-Stelle bei der Leibwache des Grafen von Provence erhalten und dann diesem Prinzen ansehnliche Geldvorschüsse verschafft. Am 24. Dec. 1789 wurde er plötzlich in Paris arretirt und eines Hochverraths an der Nation beschuldigt. Niemand wußte, worin sein Verbrechen eigentlich bestand; denn die Sage, daß er Lafayette, Bailli und Necker habe ermorden und die königliche Familie aus Paris entführen lassen wollen, war zu unwahrscheinlich, als daß sie durchgängig Glauben gefunden haben sollte. Freilich ließ sich das Volk damit täuschen, und verlangte laut die Hinrichtung dieses angeblichen Verräthers. Der Gerichtshof des Chatelet säumte nicht, es zu befriedigen, und verdammte den Marquis von Favras, nach einem sehr einseitigen Verfahren, zum Tode. Am 19. Febr. 1790 wurde er des Abends beim Fackelschein auf dem Greveplatz gehangen, und starb mit vieler Standhaftigkeit. Er war rechtschaffen genug in seinem Verhör, seine Mitschuldigen nicht zu nennen. Der Graf von Provence suchte sich wegen seiner Verbindung mit ihm zu rechtfertigen; aber demungeachtet [341] hielt man ihn für nicht ganz unschuldig in dieser Sache, und legte es ihm mit Recht übel aus, daß er seinen Unterhändler so feig verließ, ohne ein Mittel zu seiner Rettung zu versuchen, welches er sehr leicht gefunden haben würde. Wahrscheinlich wurde Favras aufgeopfert, um die Augen des Volks von einem weit größern und gefährlichern, aber mißgeglückten Complotte abzuwenden, wobei wichtige Personen am Hofe interessirt sein mochten.