Philipp von Zesen (Cäsius)

[513] [513] Philipp von Zesen (Cäsius), ein deutscher Poet, der zu seiner Zeit vielleicht mehr Aufsehen erregte, als er wol eigentlich verdiente. Geboren 1619 zu Priorau (bei Bitterfeld in Chursachsen), wo sein Vater das Amt eines Predigers hatte, studirte er in Halle, Wittenberg und Leipzig, legte sich vorzüglich auf Philologie, Poesie und deutsche Sprache; machte in der Folge Reisen nach Holland und Frankreich, wurde dann von dem Kaiser zum Ritter und Pfalzgrafen, auch von einigen sächsischen Fürsten zum Rath gemacht, ohne jedoch ein öffentliches Amt anzunehmen; auch erhielt er den Charakter eines gekrönten Poeten und ließ sich zuletzt, schon alt, (1683) in Hamburg nieder, wo er 1689 im 70. Jahre mit Tode abging. Als Stifter der sogenannten deutschgesinnten Genossenschaft – Spötter nannten diese Gesellschaft die Geschossenschaft – hatte er schon in seinem 24. Jahre zu Hamburg 1643 Aufsehen gemacht. Das Emblem dieser Gesellschaft (welche auch der Rosenorden genannt wurde) war ein von Sonnenstrahlen umleuchteter Rosenstrauch mit dem Symbol: Unter den Rosen ist liebliches Losen. Vorzügliches Aufsehen aber machte er durch seine damals ganz unerhörten Neuerungen in der deutschen Orthographie, so wie durch die affectirte Ausmerzung fremder Wörter aus unsrer Sprache, welche auch seine Anhänger, die Zesianer, sehr eifrig fortpflanzten, oder gar noch ärger übertrieben. Ein Unternehmen, welches die Puristen der neueren Zeit uns lebhaft wieder ins Gedächtniß geführt haben! Sie schrieben z. B. Filipp, Filosofen, Fäder, Zizero: bei ihnen hieß z. B. die Natur – die große Zeugemutter, der Papst – der große Erz-Vater, das Kloster – ein Jungfernzwinger; ferner eine Flinte – ein Schießprügel, das Drama – Gesprächspiel, Comödie – Freudenspiel etc. sie trugen nicht etwa Handschuhe, sondern Handstrümpfe; sie hatten keine Beinkleider, sondern Lenden-Holfter. Auch die griechischen und römischen Gottheiten mußten die lächerlichsten Metamorphosen erfahren; denn da ward nun eine Diana zur Weidin, eine Pomona zur Obstin, Vesta zur Feurin, Minerva zur Klugin, Venus zur Lustin, ein Vulkan[514] zum Glutfang u. s. w. u. s. w. umgemodelt (wem fallen hier nicht die Lächerlichkeiten eines Seyferth zu Paris und Cons. ein?), und so ward der Mann, der mit seinen großen Einsichten, mit seinen vielfachen Sprachkenntnissen, mit seiner Gelehrsamkeit, bei seiner lebhaften Einbildungskraft vielleicht bedeutenden Nutzen hätte stiften können, mehr ein Verderber des guten Geschmacks und die Zielscheibe der ärgsten Spötter, obgleich er auch viel Freunde und Vertheidiger, auch selbst nach seinem Tode, fand. Seine Schriften beliefen sich, außer den ungedruckten, welche auch gegen 40 betragen haben, und außer vielen Uebersetzungen, auf mehr als 60: mehrere, die er blos angefangen, sind unvollendet geblieben.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 513-515.
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