Schießpulver

[629] Schießpulver, explodierendes Gemenge von Salpeter, Holzkohle und Schwefel, zum Treiben von Geschossen, zu Sprengzwecken und für die Feuerwerkerei geeignet. Dem S. ähnliche Gemenge waren schon vor der christl. Zeitrechnung in Ostindien und China bekannt; durch die Araber kam die Kenntnis des S. nach Europa. Die Engländer schreiben die Erfindung des S. dem Roger Baco (1220), die Deutschen dem Mönch Berthold Schwarz (1290-1320) zu. Das heutige S., zum Unterschied vom rauchschwachen Pulver (s. unten) auch Schwarzpulver genannt, enthält in Deutschland 74 Teile Salpeter, 16 Kohle, 10 Schwefel, es explodiert durch Stoß und Reibung, sowie durch Erhitzung auf 300° und entwickelt dabei ein mehrtausendfaches Gasvolumen. Früher gab man dem S. eine Korngröße von höchstens 2 mm; mit diesem erzielte man bei gezogenen Feuerwaffen nur geringe Geschoßgeschwindigkeiten; durch vermehrte Größe und Dichte des Kornes erzielte man größere Geschoßgeschwindigkeiten. So entstanden: das grobkörnige Pulver von 4-9 mm Korngröße, 1873 in Deutschland für Geschütze mittlern Kalibers eingeführt; die verschiedenen gepreßten Pulver, deren Hauptvertreter das Prismatische Pulver (s.d.) wurde. – Versuche, ein S. mit geringerer Rauchentwicklung und größerer Kraft als beim Schwarzpulver zu finden, führten 1882 in dem Braunen Pulver (s.d.) zum ersten brauchbaren rauchschwachen S. Als rauchschwaches Gewehrpulver erlangte zuerst Bedeutung das von Vieille, Chefingenieur der franz. Pulverfabriken, 1888 für das Lebelgewehr eingeführte Vieillepulver, bestehend aus in Äther gelöster Kollodiumwolle; es folgten in Deutschland Anfang 1889 das Blättchenpulver (s.d.), Ende 1889 Nobels rauchschwaches Pulver (s.d.) etc. Da die rauchschwachen Pulver keine Rückstände im Rohr hinterlassen und kein öfteres Reinigen desselben erfordern, so wurde durch ihre Erfindung die Einführung der Schnellfeuerwaffen erst ermöglicht.

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 629.
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