Amboise, Franziska

[174] Amboise, Franziska von, eine Frau, weniger bekannt durch ihre großen Eigenschaften als durch Sanftmuth und Duldung, die aber mit Festigkeit und Ausdauer verbunden war. Sie war mit Peter II., Herzog von Bretagne verlobt, als La Tremouille, der allmächtige Günstling Karl's VII. sie wegen ihres Reichthums für seinen Sohn zur Gattin begehrte. Da aber ihr[174] Vater Ludwig von Amboise diesen Antrag verwarf, so hatte er die schrecklichsten Verfolgungen auszustehen. Franziska, die auch von ihrer Seite ihrem ersten Verlobten die Hand zu reichen entschlossen war, führte mit diesem keine glückliche Ehe. Er quälte sie durch seine schreckliche Eifersucht und behandelte sie sehr hart. Sie setzte dieser Begegnung heldenmüthige Sanftmuth, Geduld und Schweigsamkeit entgegen. Dieß hatte die Folge, daß der Herzog sich seines ungegründeten Verdachtes schämte, sich mit der tugendhaften Gattin aussöhnte und später in vollkommener Eintracht lebte. Dieses Glück wurde durch den bald darauf erfolgten Tod Peter's II. unterbrochen. Während ihrer Ehe hatte sie beschlossen, allen Kleiderprunk abzulegen und sich ganz einfach zu kleiden; ihre Hofdamen und die ganze Umgebung bei Hofe und in der Stadt folgten ihrem Beispiele. Was dadurch erspart wurde, verwandte sie zu wohlthätigen Anstalten und religiösen Zwecken. Der tyrannische Ludwig XI., Karl's Nachfolger, unterließ nicht, die Familie d'Amboise zu verfolgen, um sich ihrer Reichthümer zu bemächtigen; er sprach nun den Wunsch aus, die junge Witwe möge sich mit seinem Schwager, dem Herzog Philipp von Savoyen verbinden. Vergebens bat und drohte der König, vergebens drängte der Vater, der übrigens durch einen wüsten Lebenswandel sich das Herz seiner Tochter entfremdet hatte, und durch diese neue Verbindung sich den König geneigt zu machen wünschte; Franziska widerstrebte allen diesen Zumuthungen. Als ihr Vater in jener Absicht nach Rochefort, wo sie sich damals aufhielt, aufgebrochen war, und sie von dem Zweck seines Besuches Kenntniß erhalten hatte, begab sie sich im feierlichen Zuge nach der Pfarrkirche, und schwur vor dem Hochaltar, nimmer den Witwenschleier abzulegen. Man wollte jetzt sogar Gewalt brauchen. Franziska begab sich nach Nantes. Der König schickte einige Boote auf die Loire, in welchen sie durch ihre Verwandten entführt werden sollte. In einer Nacht aber war der ganze Strom mit Eis bedeckt, und die Schifffahrt gehemmt, wodurch der Anschlag mißlang. Die[175] Herzogin begab sich jetzt, um vor diesen und ähnlichen Verfolgungen sicher zu sein, in das Kloster der drei Marien zu Vannes, wo sie in den Carmeliternonnenorden trat, und daselbst den 4. Oktober 1485, als eine Heilige verehrt, starb.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 174-176.
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