[314] Artner, Therese von, Therese von, Tochter eines östreich'schen Generals, eine unserer anziehendsten und bekanntesten Dichterinnen wurde 1772 zu Schnitau in Ungarn geboren. Sie genoß eine sorgfältige Erziehung, unter welcher sich ihre Fähigkeiten frühzeitig entwickelten. Schon in ihrem 16. Jahre versuchte sie sich in einem Epos, Conradin der Hohenstaufe, das jedoch unvollendet blieb. Im Vereine mit einer gleichgestimmten Freundin, Mariane von Till gab sie 1800 ihre ersten Gedichte unter dem Titel: Feldblumen, auf Ungarn' s Fluren gesammelt von Minna und Theone (dieß waren die Pseudonymen der beiden Freundinnen), in Jena heraus. Sie fanden eine beifällige Aufnahme bei der fühlenden Lesewelt und der Name Theone wurde von Freunden der Poesie bald mit Anerkennung genannt. Durch ein gleiches Streben fühlte sie sich zu der gemüthvollen Dichterin Baronesse von Zag, geb. v. Calisch hingezogen und ein inniger Freundschaftsbund umschloß die beiden, durch Talent, wie durch Sanftmuth und Liebenswürdigkeit ausgezeichneten Frauen. Bis zum Jahre 1803 hatte sie abwechselnd an mehreren Orten in Ungarn, theils[314] bei ihrer Familie, theils auf den Gütern ihren Freundin, gelebt. 1803 besuchte sie ihre Schwester, welche in Freiburg im Breisgau an einen Herrn Georg de Witte verheirathet war. Gleich erquickend wirkte diese Reise auf Herz und Geist, besonders aber fühlte sie sich in Freiburg durch den geistreichen Umgang mit Männern, wie Karl von Rotteck, Jakobi, Ittner, Pfeffel u. A. angezogen, welche der lieblichen Dichterin ihre besondere Aufmerksamkeit schenkten. Eine neue Freude erblühte ihr nach ihrer Rückkehr in's Vaterland durch die Bekanntschaft mit den edlen dichtenden Frauen Caroline Pichler und Gabriele von Baumberg: so erblühte manche schöne Stunde und in ihr manche herrliche Blume der Poesie diesem trauten Kreise. Nach der Schlacht von Aspern wurde sie durch die Großthaten der vaterländischen Armee so begeistert, daß sie sich gedrungen fühlte, dieselben in einem Epos zu feiern, worin sich eine bei Frauen seltene Kraft mit großer Zartheit des Ausdrucks paarte. Rücksichten verhinderten den Druck des ganzen Werkes und es sind nur Bruchstücke aus demselben durch Hormayr's Archiv bekannt geworden, die sehr vortheilhaft auf das Ganze schließen lassen. Viele ihrer größtentheils zarten und schwungvollen Gedichte erschienen zerstreut in Taschenbüchern. Ihr Trauerspiel: die That, erster Theil von Müllner's Schuld, machte, ohne großen dramatischen Werth zu besitzen, den Namen der Dichterin auch in einem weitern Kreise bekannt. Ihre Poesien erschienen 1816 in einer zweiten Auflage und liefern den Beweis für die gerühmten Eigenschaften. Sie starb 1830 zu Agram in Croatien, innig betrauert von Allen, die sie näher kannten und neben ihren geistigen Fähigken auch die des Herzens und des Gemüthes zu schätzen wußten.
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