Beten

[41] Beten Kaum ist in dem Menschen das Selbstbewußtsein erwacht, so regt sich in ihm auch das Gefühl seiner Abhängigkeit von einem höhern Wesen. Ihm empfiehlt er sein Wohl, ihm eröffnet er seine Wünsche, seine Hoffnungen, ihm dankt er für erwiesene Wohlthat und Gnade; um den Schutz seines Gottes fleht[41] der Mensch auch für die Zukunft, – er betet. Beten ist also, wie in seiner Abstammung, so auch in seiner Bedeutung nahe verwandt mit bitten, nur daß Beten sich allein auf die Gottheit bezieht, von der man Etwas bittet. Alle heidnische Völker breiten beim Beten die Hände aus, weil sie beten, um zu empfangen. So auch die ersten Christen. Um die Stellung des gekreuzigten Jesus nachzuahmen, streckten sie später die Arme aus. Späterhin betete man mit auf der Brust kreuzweise über einander geschlagenen Armen, um nach morgenländischer Sitte Demuth zu zeigen. Der Vernünftige betet nicht nach künstlichen, auswendig gelernten Formeln, sondern aus dem Herzen, d. h. er unterhält sich mit Gott in der Sprache des Herzens über seine Hoffnungen und Wünsche und über seine Gefühle des Dankes. Anbeten ist in Beziehung auf die Gottheit gleichbedeutend mit verehren. S. Gebet.

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Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 41-42.
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