Cherubini, Luigi

[351] Cherubini, Luigi, der große Tondichter, jetzt ein Greis von 74 Jahren, der wie ein Riese in unsere Zeit hereinragt aus jener alten, in welcher er neben seinen Kunstbrüdern, Mozart, Haydn und Beethoven wirkte und schuf. In Florenz war er geboren unter Orangenbäumen und Götterstatüen. Ein inniger Künstler schreibt irgendwo: »Lagt ihr vielleicht in einer Wiege, Beethoven und Cherubini, wie euch denn auch euer Vorname gemein ist, und gab vielleicht die Mutter dem italienischen Kinde ein Paar südliche Blumen mehr?« – Luigi begann unter den gelehrten Felici's, Vater und Sohn, seine Studien, die er schon ganz früh in Compositionen verarbeitete. Der Erzherzog von Toscana ward auf ihn aufmerksam und brachte ihn nach Bologna, wo er Sarti's Schüler und Liebling wurde. Im 29. Jahre folgten schon Opern, welche die Italiener nur zu ernst und gelehrt fanden. Sein Ruf wird größer, er geht nach England und ein Jahr später nach Paris. Da hört er Haydn's Symphonien – zitternd und entzückt. Von nun an wendet er sich ganz der deutschen, edlern Muse zu[351] und bleibt ihr treu. Iphigenia und Demophon waren die nächsten Werke, Lodoiska, Elisa, Medea folgten. Deutschland, obschon bewegt von den neuesten Schöpfungen Mozart's, Haydn's und des jungen aufbrausenden Beethoven's, fängt an, seinen Namen öfter zu nennen. Der Wasserträger gibt ihm noch mehr Anspruch auf deutsches Ehrenbürgerrecht. Er wird 1805 uach Wien berufen; die hohe Faniska war hier sein erstes Werk. Nach einer schweren Krankheit wirft er seine ganze Kraft auf Kirchenmusik, und hat es mit wenigen Zerstreuungen durch kleinere komische Opern, durch die größern (Abenceragen, Anibarba) bis zu diesem Augenblicke gethan, wo er hoch gehalten dem Institut des pariser Conversatoriums vorsteht. Wie sehr seine Kirchencompositionen zu schätzen sind, sieht man daraus, daß Beethoven wenig Jahre vor seinem Ende freudig geäußert, »aus Cherubini's Requiem werde er sich Vieles ad notam nehmen.« Manche stellen sogar diese Leistungen über seine dramatischen; es wird aber durch solches Vergleichen nichts erreicht, und wir stimmen, um ein Endurtheil zu geben, dem oben angeführten Künstler bei, welcher schrieb: »Dadurch, daß er jene berüchtigte italienische Endsylbe seinem Ideal opferte, ist erder er, ist–der bloße schlanke Cherub, den hohen Gott auf hoher Stirn und im Auge

R. S.

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Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 351-352.
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