Cretinen

[29] Cretinen, eine Menschenart, die vorzüglich im Walliser-Lande, im Thal von Aosta, aber auch in einzelnen Familien und Individuen in den Thälern der Schweiz, Tyrols, der Pyrenäen, der Auvergne, in Schottland und in den pontinischen Sümpfen vorkommt. Sie zeichnen sich durch Kleinheit der Gestalt, dicken Kopf, krankhafte Augen, erdfahles Aussehen, übelgebildete Glieder, Kröpfe, Heißhunger, Faulheit, Plumpheit, Gefühllosigkeit aus. Ihre geistigen Fähigkeiten sind vom Blödsinn nicht weit entfernt, und wenigstens keiner höhern Ausbildung fähig. Es gibt viele Familien, wo der Cretinismus forterbt, aber auch von gesunden Eltern können Cretinen abstammen. Die heiße, von keinem Zugwind erneute stehende Luft, die Ausdünstungen der Sümpfe, der Genuß des erdigen Wassers, schlechte Nahrung, Aufenthalt in dumpfigen Wohnungen, besonders aber wohl das Einathmen einer sauerstoffarmen und kohlenstoffreichen Luft scheinen die krankhafte Ausbildung der Menschen in den Thälern zu begünstigen. Dem häufigen Genuß des Kaffees, dem Verbot der Ehen zwischen Cretinen, dem Anhalten zur Arbeit, dem Erziehen der Kinder auf den umliegenden Bergen und der Verbesserung der Wohnungen ist es zuzuschreiben, daß die Cretinen jetzt an Zahl abnehmen.

D.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 3. [o.O.] 1835, S. 29.
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