[86] Faustrecht, Durch die Ritterromane ist seit Veit Webers »Sagen der Vorzeit« dieser Name, so wie die Sache oft gemißbraucht worden, aber auch zu einer größern Kenntniß des Publikums gekommen, und es bildet in der That eines der Hauptelemente der Romantik des Mittelalters. Das Faustrecht entstand mit der Anlegung fester Burgen im 8. Jahrhundert. Die Rechtsverfassung war unvollkommen, die ausübende Gewalt kraftlos, der Geist kriegerisch. So verschaffte sich der Adel der damaligen Zeit, ohne Richterspruch und höhere Entscheidung, auf eigene Faust (daher Faustrecht) mit Gewalt des Schwertes, das oft eingebildete Recht oder die verweigerte Genugthuung. Wie sehr dieser Zustand nicht nur in völlige Rechtlosigkeit, sondern in Willkür, Rohheit und Grausamkeit ausartete, leuchtet ein. Jeder Ritter hielt sich nach seinen Umständen eine Anzahl Bewaffneter (Knappen, Reisige) und überzog nach Gutdünken oder Laune, aus Habsucht oder Rachelust seinen Gegner mit Krieg (Fehde). Vergebens suchten mehrere Kaiser durch den Burg- und Gottesfrieden diesem Unheil zu steuern; es zu unterdrücken gelang ihnen nicht. Erst Rudolph[86] von Habsburg zerstörte die berüchtigtsten Raubnester und schaffte so auf längere Zeit die Greuel des Faustrechtes ab. Nach seinem Tode erhob es zwar das Haupt wieder, aber durch die Bildung des schwäbischen Bundes 1488, des ewigen Landfriedens und durch die Kammergerichtsordnung 1495 wurde es nach und nach unterdrückt; so daß nach dieser Zeit nur noch selten Befehdungen vorkamen. (S. Fehde.).
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