[129] Martha, Anna Biget, bekannt unter dem Namen Schwester Martha, war vor der franz. Revolution Pförtnerin eines Klosters. Bald darauf lebte sie zu Besançon und genoß eine Pension von 133 Francs. Unterstützt durch diese kleine Geldsumme und im Besitze eines kleinen Häuschens, stiftete sie mit Zuziehung mehrerer gleichgestimmten Seelen einen Verein zur Unterstützung der Gefangenen. Als 1809 600 gefangene Spanier nach Besançon kamen, schien die 62jährige Schwester Martha mit neuer Lebenskraft erfüllt zu werden. Mit geringen Hilfsmitteln, die sich unter ihren Händen wie durch ein Wunder verdoppelten, leistete sie den Armen Beistand, pflegte die Kranken, gab Andern Obdach und machte die Vermittlerin beim Commandanten des Platzes. Einmal sagte der General zu ihr: »Schwester Martha, Sie werden recht traurig sein, daß Ihre guten Freunde, die Spanier, ausgewechselt werden und Besançon verlassen.« »Ja,« versetzte sie, »aber die gefangenen Engländer kommen an und alle Unglücklichen sind meine Freunde. Im Jahre 1814, wo sich ein allseitiger Eifer kund gab, die verwundeten Vaterlandsvertheidiger und die fremden Krieger zu verpflegen, war auch Schwester Martha thätig und unermüdet.[129] Sie verdiente es, daß der Herzog von Reggio zu ihr sagte: »Ich lernte ihren Namen auf dem Schlachtfelde kennen; meine verwundeten Soldaten riefen: »Wo ist Schwester Martha? wäre sie bei uns, wir wären weniger unglücklich!« Als sie nach Paris kam, wünschten die Monarchen diese merkwürdige Frau kennen zu lernen. Kaiser Alexander beschenkte sie mit einer goldenen Medaille und seinem Brustbilde nebst einer bedeutenden Summe; der Kaiser von Oestreich verlieh ihr das Civilverdienstkreuz und eine Gratifikation von 200 Frcs. Vom Könige von Preußen erhielt sie eine Medaille und vom Könige von Spanien gleichfalls einen Orden: selbst der König von Frankreich ließ sich Schwester Martha vorstellen. Diese ehrwürdige Frau hatte nie nach solchen Ehrenbezeigungen gestrebt; die bedeutenden Summen, welche ihr jetzt zu Theil wurden, benutzte sie nur, um Thränen zu trocknen und das Elend unzähliger Unglücklichen zu mindern. Ihr Bild wurde damals in Kupfer gestochen, auf welchem man die würdige Matrone sprechend ähnlich mit ihren Ehrenzeichen geschmückt, erblickt. Sie lebte noch 1827.
B.