Miserere

[231] Miserere, jener berühmte Kirchengesang, der flehende Gnadenruf der sündigen Menschheit, vor dem Richterstuhle des Ewigen. Wenn in der Sixtin'schen Kapelle, am Sterbetage des Erlösers, Allegri's Tonschöpfung dieser Worte wie von Geisterlippen ertönt, [231] brünstig emporschwellend und klagend verhallend; wenn die Kerzen allmälig verlöschen und durch die Dämmerung des Weihrauchs die phantastischen Gebilde aus Michel Angelo's jüngstem Gericht ihre gigantischen Glieder herabstrecken, dann fühlt auch der Nichtgläubige eine ahnende, unendliche Gewalt seinen Geist umschlingen, und er lallt: Miserere mei, domine. (Erbarme Dich meiner, o Herr!).

–k.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 231-232.
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