Modelltuch

[245] Modelltuch, ehedem das unumgängliche Erforderniß, um jungen Mädchen das sogenannte Buchstaben-Bezeichnen der Wäsche zu lehren. Es artete in langweilige, Zeit und Seide verschwendende Spielerei aus, weil man, außer dem beim ersten Alphabete zu erlernenden Kreuzstiche, auch noch die baroksten Figuren, z. B. Adam und Eva unterm Apfelbaum etc., vorstellen ließ. In neuerer Zeit hat man den Zweck der Modelltücher viel leichter zu erreichen gewußt, und beschränkt sich selbst da, wo man noch welche anfertigen läßt, nur noch auf einige hübsch geformte Alphabete, einzelne Namenzusammenstellungen zur Uebung etc. Die punktirten Buchstaben, deren man jetzt so wohl geformte auf den carrirten Musterbogen entwirft, machen aber selbst diese Arbeit fast überflüssig, und bieten, wenn man einmal den erforderlichen Kreuzstich begriffen hat, das beste und wohlfeilste Modell. Der Canevas erleichtert selbst Kindern durch sein größeres Fadengewebe das Lernen des Stiches, und wir können daher getrost diese in Beuteltuch und Leinwand schwerfällig eingenähte Buchstabenquelle unserer Ahnfrauen bei Seite legen.

F.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 245-246.
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