Paganini, Nicolo

[61] Paganini, Nicolo, geb. 1784 zu Genua, eines jener Virtuosen-Gestirne, die wie Kometen die Welt durchziehen, und sich durch ihre ganze Kunsterscheinung, in technischer und geistiger Rücksicht, auf den Gipfel einer Periode stellen. Die Epoche seines Auftretens ist zu kurz vergangen, und die Außerordentlichkeit seiner musik. Leistungen lebt noch zu frisch in jedes Gedächtniß und ist in der Gegenwart zu umfassend besprochen worden, um sie auf's Neue charakterisiren zu dürfen. Nur das sei hier noch gesagt, daß Paganini ein früher Repräsentant der neuen romantischen Richtung unserer Musik war, und zuerst ein Panier öffentlich aufsteckte, das mit mystischer Schrift eine ganze künftige Kunstzeit weissagte. – Und wer ihn sich noch denkt, die lange schmächtige Gestalt, mit den blassen, verschlossenen Zügen, herabhängenden schwarzen Haaren, den geistvollen blitzenden Augen, eine Menge dunkler Mährchen von Kerker, Liebe, Ermordung, als phantastische Staffage zur Seite und durch seine Zaubertöne mit unseren Herzen spielend, – der[61] muß gestehen, daß die Muse keinen bessern Herold ihrer romantinschen Laune senden konnte. Paganini eroberte die Krone des Violinspieles und nahm sie mit hinweg in seine Einsamkeit, auf seine Villa bei Genua, wo er jetzt nur der Pflege seiner geschwächten Gesundheit lebt. Paganini's Vater war Kaufmann, leidenschaftlicher Musikliebhaber und routinirter Spieler. Des Sohnes Lehrer waren Costa und Rolla. Erst 9 Jahre alt, trat er im Theater mit außerordentlichem Beifalle auf, genoß später in Parma bei Ghiretti theoretischen Unterricht und galt bereits als 14jähriger Knabe für den ersten Violinspieler Italiens. Am Hofe zu Lucca angestellt, dann in Diensten der Maria Luise von Parma, begann er von hier aus seine Reise durch Europa. Zu erwähnen ist noch das von ihm zuerst eingeführte Solospiel auf der G-Saite. Von den unter seinem Namen erschienenen Compositionen sind nur die Violinetüden ächt. Diese hat R. Schumann sehr geistreich für das Pianoforte bearbeitet.

–k.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 61-62.
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