Parsiliren

[95] Parsiliren. Die Mode, stets geschäftig ihren Jüngern die baroksten Aufgaben zu stellen, gebot, namentlich in den Jahren 1772–75, daß eine Frau von gutem Tone sich einen Theil des Tags damit beschäftige, aus golddurchwirktem Stoffe das Gold von der Seide zu trennen, es auszuzupfen und nannte dieß »Parfiliren«. Man sah in allen Galanterieläden die kostbarsten Goldstoffe, bestimmt von der galanten Männerwelt gekauft, um den Damen zum Parfiliren geschenkt zu werden. Diese Geschenke machten eine Revenue der Frauen aus, denn es war Sitte, die ausgezupften Goldfäden wieder zu verkaufen. Zur Galanterie der Officiere des franz. Regiments [95] Royal-Cravatte gehörte, daß sie ihre Epaulettes opferten, um sie von zarten Händen parsilirt zu sehen. Man erzählt, daß, als einst der Herzog von Chartres in eine Gesellschaft trat, die Damen über ihn herfielen und ihm die Brandenbourgs von seinem Kleide schnitten, um sie zu parsiliren. Er ließ den Raub geschehen, ergötzte aber später die Anwesenden durch die Erklärung, daß er die Sache voraussehend, heute falsche Treffen auf seinem Kleide getragen habe.

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Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 95-96.
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