[21] Ruth, ein erhabenes Beispiel frommen Glaubens und kindlicher Ergebenheit, die Tochter des Königs von Moab, Eglon genannt. Als Ephrata von einer großen Hungersnoth heimgesucht ward, zogen Eli Melech, sein Weib Naemi und seine beiden Söhne in das Land der Moabiter. Der jüngere Sohn Mochlon verehelichte[21] sich mit Ruth, obgleich das Gesetz den Hebräern verbot Ausländerinnen zu heirathen. Nach zehn Jahren starben Eli Melech und seine Söhne, worauf sich Naemi entschloß in ihre Heimath zurück zu kehren. Ihren Bitten, ihr nicht zu folgen, widersetzte sich Ruth mit frommer Demuth, indem sie sagte: »Wo du hingehest, will ich auch hingehen; wo du bleibst, bleibe ich auch; dein Volk ist mein Volk, dein Gott ist mein Gott;« und sie ging mit Naemi nach Bethlehem, wo gerade, als sie dort eintrafen, die Gerstenernte begonnen hatte. Um ihr und ihrer Schwiegermutter Leben zu fristen, ging R. auf die Felder und sammelte die von den Schnittern zurück gelassenen Aehren. Die Vorsehung führte sie auf das Feld des Boas, eines reichen Mannes, der aus dem Geschlechte Eli Melech's stammte; als dieser hörte, was sie für die Mutter ihres Gatten gethan hatte, gewann er sie lieb und erfüllte das Gesetz, das dem nächsten Verwandten eines Gestorbenen nicht nur sein Erbe, sondern auch dessen Gattin zufällt. Ein Sohn, Obed genannt, war die Frucht dieser Ehe, von dem das Geschlecht David's abstammt. Das Buch Ruth, welches in der lutherischen Uebersetzung der Bibel, zwischen dem Buche der Richter und den Büchern Samuelis sich findet, beschreibt die Einzelnheiten dieser Geschichte in idyllischer Einfachheit und patriarchalischer Einfalt.
E. v. E.