[127] Schönbrunn, das berühmte Lustschloß des Kaisers von Oestreich, ½ Stunde von Wien gelegen, einst der Lieblingsaufenthalt der Kaiserin Maria Theresia, von der es erbaut wurde; kein etikettenstolzes Aranjuez, kein üppigschwelgendes Versailles, sondern der geräuschlose, obwohl eines Kaisers würdige Sommersitz einer prunklosen, patriarchalischen Regentenfamilie. Das prachtvolle Gebäude enthält mit dem Erdgeschosse 4 Stockwerk und mit den Nebengebäuden 1000 Zimmer. Der herrliche im holländisch-französischen Style angelegte Garten mit seinen glänzenden Obelisken und Statuen, künstlichen Ruinen und Grotten, den 14 Treibhäusern[127] und der sehenswerthen Menagerie hat einen Umfang von 2 Stunden, und zaubert uns bald in die Taxusgänge von Trianon, bald in die exotische Mährchenwelt des Josephinenschlosses Malmaison, bald auch mit seinem »Hause der Parasitengewächse« in die grauenhaft-schöne Nacht der Urwälder Brasiliens. Hier auch war es, wo am 22. Juli 1832 die verhängnißvollste Stunde des Hauses Napoleon schlug: im Garten von Schönbrunn, in demselben Zimmer, welches 1809 Napoleon's Schlafzimmer gewesen war, hauchte dessen unglücklicher Sohn, der Herzog von Reichstadt, sein jugendliches Leben aus.
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