[114] Schmerz Wo tobte nicht der Schmerz in einer gequälten Brust und in einem verletzten Nerven? Ist's auch ein Wunder, daß es auf der Erde so viel Unlust und Sorge und Kummer gibt? Sengt nur der heiße Sonnenstrahl? Durchschüttelt nur der rauhe Sturm? Auch Haß und Neid durchzucken schmerzhaft das Gemüth. Härte und Ungerechtigkeit der Menschen erkälten mehr als der Starrfrost des Winters, und über das Herz gehen viele tief einschneidende Lebensstraßen. Im Vordergrunde wie im Hintergrunde der Jahre lauert der Schmerz. Das lehrt die Tageserfahrung, darüber wundere dich nicht; wohl aber, daß an so vielen Schlägen und Wunden nicht öfterer ein zartes und gefühlvolles Herz verblutet, und daß der bessere Mensch die meisten und heftigsten Schmerzen mit Würde und Gelassenheit zu tragen weiß und auch im Wehe mit fester Hand an dem Himmel hält.
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