Spazier-Uthe, Johanna Karoline Wilhelmine

[344] Spazier-Uthe, Johanna Karoline Wilhelmine, eine als Dichterin und Schriftstellerin rühmlich bekannte Frau, die älteste Tochter des geh. Raths und Professors der Medicin Dr. Meyer zu Berlin, wo sie am 10. Mai 1777 geb. wurde. 19 Jahr alt, verheirathete sie sich mit dem fürstl. Wied-Neuwiedschen Hofrath Dr. Karl Spazier, und folgte noch in demselben Jahre ihrem Gemahle nach Dessau, wo er als Lehrer und Erzieher, an dem berühmten Philanthropin angestellt ward. Vier Jahre später zogen beide nach Leipzig, wo ihr Gatte die Zeitung für die elegante Welt gründete, zu welcher Wilhelmine S. auch dann und wann Beiträge lieferte. Doch schon 1805 riß der Tod den treuen Gemahl von ihrer Seite, und der geistigfreundschaftliche Verkehr mit ausgezeichneten Männern, wie Apel, Adolph Wagner, Heinroth, Mahlmann und Schnorr, vermochte sie über diesen herben Verlust zu trösten. Namentlich war es ihr Schwager Mahlmann (ihre[344] zweite Schwester war mit Jean Paul verheirathet), welcher ihr die zarteste Sorgfalt widmete: deßhalb blieb sie auch in Leipzig, wo sie die Redaction der »Urania,« sowie auch hernach die des beliebten »Taschenbuches für Liebe und Freundschaft« übernahm. Nachdem sie später einige Zeit als Lehrerin an der herzoglichen Töchterschule zu Neustrelitz gewirkt, zog sie 1816 nach Dresden, verheirathete sich dort zum zweiten Male mit dem königl. Hoforgelbauer, Johann Andreas Uthe, und starb daselbst am 11. März 1825. Ein reines Gefühl, tiefer Sinn und Verstand zeichnen ihre in mehreren Taschenbüchern und Journalen zerstreuten Dichtungen aus. Auch hatte sie eine Sammlung von romantischen Erzählungen deutscher Frauen begonnen, welche mit einer, von ihrem Schwager Jean Paul geschriebenen Einleitung versehen, unter dem Titel: »Sinngrün« zu Berlin 1819 erschienen. Sie lieferte zugleich wohlgelungene Uebersetzungen aus dem Französischen, wie die der Briefe der l'Espinasse und des Werkes der Frau von Staël: »Charaktere und Gedanken des Prinzen Karl de Ligne.«

–r.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 344-345.
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