[29] Tarnow, Fanny. Die unergründlichen Tiefen des menschlichen Herzens, dieses wundersamen Traums von Leben und Liebe, mit seinem irdischen Erbangen und seiner göttlichen Sehnsucht, das kleine, arme, pochende Menschenherz mit seinem großen Himmel der Entsagung und Liebe, dieß ist die eigenthümliche Sabbathreligion, in welcher die Dichterin Fanny T. stillsinnend und heimathlich waltet. Läuterung des Herzens, in hoffender Demuth, in demüthiger Erhebung ist die Grundrichtung ihres Lebens, die aus ihren geistvollen Schriften kühle Laubgänge schuf, die alle zu jenem stillen Rundtheil führen, auf dem die Sittlichkeit als reine Odaliske zwischen den Rosen und Dornen des Lebensgartens erglänzt. In diesem Lichte erscheinen, noch gehoben von dem schönen Talente correcter, sprachlicher Gestaltung, der Dichterin »Lilien« (4 Bde., Leipzig 182123), welche lieblich duften in der Stille der Nacht; so ihre »Reseda,« die bescheiden ihre Wohlgerüche entsendet, wie das Blümchen gleiches Namens; so ihr erster Roman »Natalie,« und die Erzählungen »Thekla,« »Malwina,« »Thorilde,« »Cleopatra etc.« Durch ihre Bearbeitung vieler ausländischen Romane, z. B. des englischen: »Sir Richard Falconet und William« hat sie sich als glückliche Uebersetzerin bekannt gemacht; auch ist sie jedenfalls die Verfasserin des interessanten, 1833 erschienenen Zeitgemäldes: »Zwei Jahre in Petersburg, aus den Papieren eines alten Diplomaten.« Fanny T. wurde am 17. Dec. 1782 zu Güstrow geb., verlebte ihre Jugendjahre meist einsam und sich selbst überlassen, und sicherte sich später, als ihre Aeltern verarmt waren, ihren Unterhalt als Erzieherin. Nachher würdigte die Prinzessin Karoline von Mecklenburg sie ihres besonderen Schutzes und gewährte ihr einen Jahrgehalt. Von 1819 an hielt sie sich längere Zeit in Dresden auf, und hat jetzt ihren Wohnsitz in Weißenfels.
r.