[389] Waschen. Gleich allen durch die ersten Lebensbedürfnisse bedingten Frauenarbeiten war auch die Wäscherei in früheren Jahrhunderten keine Beschäftigung, die, wie jetzt, nur der niederen, dienenden Klasse zugetheilt wurde, sondern die vornehmsten Hausfrauen achteten es für ihre Pflicht, das W. stets persönlich zu überwachen und nicht selten selbst mit Hand anzulegen. Der irrende[389] Held Ulysses fand, wie uns in der Odyssee erzählt wird, die Fürstentochter Nausikaa mit ihren Gefährtinnen beim W. am Ufer des Flusses, und ehe sie den Fremden zu ihrem königlichen Vater geleitete, sorgte sie dafür, daß auch die gereinigten Gewänder hübsch ordentlich auf die Wagen gepackt und den Sclavinnen übergeben wurden. Dergleichen kann sich freilich in unserer Zeit nicht mehr ereignen und findet nur in der einfachen, naturgemäßen Lebensweise der alten Nationen ihre Erklärung; aber selbst im Mittelalter und noch später gab es, vorzüglich in deutschen Landen, hochgestellte Frauen, die es nicht unter ihrer Würde hielten, den gewöhnlichen Erfordernissen des Hauswesens, wobei die Wäscherei einen so bedeutenden Platz einnimmt, vorzustehen. Erinnern wir nur an Elisabeth Woodwike, die nachmalige Gemahlin König Eduard's IV. von England, welche, nach ihrem kürzlich aufgefundenen Tagebuche, als Jungfrau die Kühe molk, im älterlichen Hause wusch, und eine Menge Dinge verrichtete, die jetzt Mägdedienste heißen, allein damals nicht unfähig zum Besteigen eines Thrones machten. Noch näher liegt uns das Beispiel der sächsischen Kurfürstin, insgemein Mutter Anna genannt, jener edlen, fleißigen, echt deutschen Hausfrau. Milchwirthschaft und fürstliche Haushaltung, nebst der Erziehung vieler Kinder, mochten es ihr immer noch möglich machen, sich auch um die Wäscherei, welche unüberwacht zu argen Depensen führt, zu bekümmern. In unseren Tagen gehört es zum Unerhörten, wenn Frauen von einem gewissen Range sich der Wäscherei nur durch Inspiciren annehmen, und ohne pedantisch erscheinen zu wollen, sei es uns doch erlaubt, zu bemerken, daß auch hierin einer der Gründe zu suchen ist, welcher so viele junge Männer vom Ehestande zurückschreckt. Mademoiselle ist reizend, tanzt, singt und spricht wie ein Engel, würde aber als Madame weder an die Küche, noch die, zumal in großen Städten so kostspielige, Wäsche anders denken, als um Letztere halbgebraucht in großen Massen der Lohnwäscherin hinzuwerfen. Was Wunder, wenn der junge, nicht sehr[390] reiche Mann zu aller Erstaunen für seinen häuslichen Heerd oft wieder nur ein armes, häuslich erzogenes Mädchen wählt, die ihm das, was er erwirbt, durch kluge Thätigkeit und richtiges Anstellen erhält, während die Modedame, selbst mit einiger Mitgift, eine viel zu theuere Gattin für eine erst zu beginnende Laufbahn in jedem Stande ist. Die schönste Ausstattung kann durch leichtsinniges Waschen bald verdorben und in wenig Jahren vernichtet werden, und junge Hausfrauen haben daher vorzüglich darauf zu achten, daß gehörig damit verfahren werde. Lohnwäscherinnen außer dem Hause bedienen sich meist beizender Ingredienzien, wie Kalk und Pottasche, die sie statt der nöthigen Seife anwenden, um der Wäsche mit wenig Mühe Weiße zu geben. Ost gebrauchen sie auch die Bürste, statt mit den Händen zu reiben. Schon in Wien wird wie in Frankreich und dem ganzen Süden mit dem Schlägel geklopft, ein Verfahren, das dem Weißzeuge sehr nachtheilig, aber nun einmal dort angenommen ist. Man legt überhaupt dort nicht so viel Werth auf schöne Wäsche, wie bei uns Deutschen. In Paris z.B fahren die Wäscher und Wäscherinnen auf eigends dazu eingerichteten Waschbooten in die Seine und beginnen daselbst ihre Arbeit. An Bleichen und Mandeln ist nicht zu denken, und da die Linnen sehr theuer sind, weßhalb meist Baumwollenes verwandt wird, kann man sich von der Weiße dieser Wäsche einen Begriff machen. Auch der jetzt Alles treibende Dampf ist neuerlich zur Wäscherei benutzt worden, und es besteht in Nordamerika eine Einrichtung, wo vermittelst Dampfmaschinen die Wäsche in 6/4 Stunden fix und fertig zum Gebrauch ist.
F.