Animismus

[39] Animismus: 1) der Glaube an Seelen, Geister in Menschen und Naturobjecten als primitive Religion (vgl. TYLOR, Anfänge der Cultur 1873, von ihm der Terminus; vgl. AKSÁKOW, Anim. u. Spirit.2, 1894). 2) Ansicht, daß die Seele (das Seelische) das Princip des Lebens und Lebendigen sei. Diese Auffassung findet sich bei den ionischen Naturphilosophen (s. Hylozoismus), bei ARISTOTELES (s. Seele), den Stoikern (s. Pneuma), bei den Scholastikern. In der Renaissance-Philosophie wird das Leben auf einen »spiritus«, »archeus« u. dgl. zurückgeführt, so von PARACELSIUS, AGRIPPA VON NETTESHEIM, VAN HELMONT, CARDANUS, TELESIUS u. a. Auch LEIBNIZ vertritt den Animismus. Vorzugsweise heißt Animismus die Lehre des G. E. STAHL, der die Seele als Bildnerin des Leibes betrachtet. »Corpus hoc verum et immediatum animae organon.... Anima praesens omnium actuum in homine« (Disqu. de mech. et organ. div. p. 44). Ähnliche Lehren in der SCHELLINGschen Naturphilosophie. – WUNDT versteht unter Animismus »diejenige metaphysische Anschauung, welche, von der Überzeugung des durchgängigen Zusammenhangs der psychischen Erscheinungen mit der Gesamtheit der Lebenserscheinungen ausgehend, die Seele als das Princip des Lebens auffaßt«. Die Seele (s. d.) ist nach ihm eins mit dem Lebensprincip, Leben und Beseelung sind Wechselbegriffe; die physische Entwicklung ist schon die Wirkung der psychischen Entwicklung (Gdz. d. ph. Psych. II4, S. 633 ff.; Phil. Stud. XII, 47; Ess. 4, S. 124; Syst. d. Phil.2, S. 605 f.). Vgl. Lebenskraft, Seele, Vitalismus.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 39.
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