[116] Autonomie (Selbst-Gesetzgebung): Gesetzgebung durch das vernünftige Ich, die Vernunft selbst. Gegensatz: Heteronomie. Je nachdem die Ethik die Sittlichkeitsgebote oder das Sittengesetz schlechthin auf Autonomie oder Heteronomie zurückführt, ergibt sich eine autonomische oder eine heteronomische Moraltheorie (s. Ethik). – KANT begründet die Sittlichkeit durch die Apriorität (s. d.) der praktischen Vernunft (s. d.), deren kategorischer Imperativ (s. d.) unbedingt, unabhängig von aller Erfahrung gilt und Befolgung verlangt, weil er die Stimme der sittlichen, gesetzgebenden Vernunft ist. »Also drückt das moralische Gesetz nichts anderes aus als die Autonomie der reinen praktischen Vernunft, d. i. der Freiheit« (Kr. d. pr. Vern. I, § 8; vgl. Einl.). Autonomie des Willens ist »die Beschaffenheit des Willens, dadurch derselbe ihm selbst (unabhängig von aller Beschaffenheit der Gegenstände des Wollens) ein Gesetz ist. Das Princip der Autonomie ist also: nicht anders zu wählen als so, daß die Maximen seiner Wahl in demselben Wollen zugleich als allgemeines Gesetz mit begriffen seien« (Gr. zu e. Met. d. Sitt. S. 67). Diese Autonomie ist das einzige Princip aller moralischen Gesetze, alle Heterogonie der Willkür ist der Sittlichkeit entgegen. Die »Heteronomie der Willkür« entsteht, »wenn der Wille irgend worin anders als in der Tauglichkeit seiner Maximen zu seiner eigenen allgemeinen Gesetzgebung, mithin, wenn er, indem er über sich selbst hinausgeht, in der Beschaffenheit irgend eines seiner Objecte das Gesetz sucht, das ihn bestimmen soll« (l.c. S. 67 f.) »Der Wille gibt alsdann sich nicht selbst, sondern das Object durch sein Verhältnis gibt diesem das Gesetz« (ib.). Die Autonomie ist das Princip der Würde des Menschen. Die Allgemeingültigkeit des ästhetischen Urteils beruht auf einer Autonomie des urteilenden Subjects (Kr. d. Urt. § 31). LIPPS erklärt: »Sofern mein Willensentscheid einem eigenen Zug zum Sittlichen entstammt, und das Gebot nur Anlaß ist, diesen Zug zu wecken, ist mein Willensentscheid sittlich autonom«. »Soweit dagegen das sittliche Gebot lediglich als ein fremdes mir gegenübersteht und seinem Inhalte nach nicht zugleich als ein Gebot meiner eigenen Natur oder als ein Gesetz meines eigenen Willens sich darstellt, will oder handle ich heteronom« (Eth. Grundfr. S. 98). »So ist also schließlich alle Sittlichkeit gleichbedeutend mit Freiheit im Sinne der freien Übereinstimmung mit einem eigenen innern Gesetz« (l.c. S. 107). RIEHL: »Autonomie des Willens, das ist nichts anderes als ethische Freiheit«, »Wille zur Persönlichkeit« (Z. Einf. in d. Phil. S. 196 f.). Der Wille soll ein naturgesetzlicher sein, als vernünftiger Wille; »nicht der Mensch, sofern er Mensch, sondern sofern er ein Vernunftwesen ist, ist das [116] Subject und zugleich die Quelle des ethischen Handelns« (l.c. S. 197 f.). Vgl. Sittlichkeit.