Empfindlichkeit

[251] Empfindlichkeit (Sensibilität, (s. d.)): 1) im älteren, weiteren Sinne = eine Gemütsdisposition zur leichten, schnellen Erregbarkeit, zum Ärger, Zorn u. dgl. So ist nach CHR. WOLF »Empfindlichkeit« »eine Neigung zu schnellem Zorne« (Vern. Ged. I, § 487); 2) im neuen, engeren Sinne = die Feinheit des Empfindens, im Verhältnis zur Stärke des Reizes oder Reizunterschiedes. Die Empfindlichkeit (»E.«) verhält sich umgekehrt wie die Reizgröße: je stärker der Reiz ist. der zur Auslösung einer Empfindung nötig ist, desto geringer die Empfindlichkeit, resp. die Unterschiedsempfindlichkeit (»U. E.«). Die Empfindlichkeit[251] wird gemessen durch den reciproken Wert der zu einer bestimmten Empfindung (bezw. Empfindungsänderung) nötigen Änderung der Reizintensität (vgl. WUNDT, Grdz. d. phys. Psychol. I3, 341 ff.). Nach KÜLPE ist Empfindlichkeit »die Fähigkeit, Empfindungen überhaupt zu erleben und mitzuteilen« (Gr. d. Psychol. S. 35). »Sinnesempfindlichkeit« ist die Empfindung in Bezug auf ein ganzes Sinnesgebiet, »Sensibilität« die Empfindung in Bezug auf die einzelnen Empfindungen (ib.). Es gibt eine »unmittelbare« und eine »mittelbare« Empfindlichkeit (und U. E. l.c. S. 36). Von Einfluß auf die E. und U. E. ist die Aufmerksamkeit, mit deren Größe jene wachsen (l.c. S. 39 f.), die Erwartung und Gewöhnung (l.c. S. 41 ff.). Zur Messung der E. und U. E. dienen die psychophysischen Maßmethoden (s. d.), die seit FECHNER bestehen und ausgebildet werden.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 251-252.
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